Knapp wird es bei den Hamburgern immer, aber bislang sind sie noch jedes Mal haarscharf von nettem Pop mit netten Phrasen in Richtung triumphal smartem Rock gekurvt. Auf Sippenhaft schlingern sie plötzlich. Wie diese deutschen Indiebands der Jahrtausendwende, die sich für ihre Musikvideos auf Viva2 in pastellige Schlageranzüge warfen, neckische Schlagergesten in Richtung Kamera machten und dabei nicht merkten, dass sie selbst Schlager waren. Wie Paare, die sich irgendwann ernsthaft “Schatz” nennen und vergessen haben, wie es angefangen hat, oder alle, die Crocs als bequem verteidigt haben. Drei Alben lang war Radiofreundlichkeit Herrenmagazins kluges Mittel zum Punk, waren schwärmerische Refrains übers Verlorensein die einzig mögliche Methode, sich ein bisschen gemeinsamer zu fühlen. Wenn Deniz Jaspersen jetzt aber gleich im ersten Lied “Ehrenwort” dürre Blumenmetaphern rausholt, anschließend “Noch im Schutt, noch im Staub, noch im Stillen…” singt und dann, nach kleiner Dieter-Thomas-Heck-Pause, nachschiebt: “…bin ich dein”, ohne dass irgendwo irgendwas kracht, dann hat das weniger mit weiser Punkromantik zu tun und mehr mit ganz normalem Kitsch. Dabei stimmen die Ideen natürlich nach wie vor, der Herzschmerz und die bescheidenen Melodien. Hätten sie ihre Songs wenigstens ab und zu noch angeraut, gegen Ecken gedrückt oder ihnen die alten grandiosen Rockrefrains verpasst, dann wäre “Sippenhaft” das nächste tolle Indie-Album geworden. So ist es nur ein relativ gutes, zu dem man zur Not auch heulen kann.
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