Cult Of Luna
Mariner (mit Julie Christmas)
Text: Carsten Sandkämper
Auf “Mariner” hat das schwedische Post-Metal-Kollektiv gleich zwei Herzensangelegenheiten verwirklicht. Zum Einen geisterte die Idee eines Space-Albums schon gut eine Dekade in Johannes Perssons Kopf herum, zum anderen bot sich im Vorfeld die einmalige Gelegenheit der Zusammenarbeit mit der New Yorker Sängerin Julie Christmas, deren “Arbeiten wir einfach nur lieben”, wie Persson nicht müde wird zu betonen. Zwar trennte während der gesamten Produktion der Atlantik die Band und ihre (Gast-)Sängerin, das Ergebnis ist dennoch ein atemberaubendes Amalgam von Identitäten und Stimmungen. Wie jedes Album von Cult Of Luna erzählt auch dieses eine lose Geschichte. Die Reise zu den Sternen beginnt folgerichtig mit dem “in See stechen” in “A Greater Call”, das nach den knapp drei Minuten seines Zeitlupen-Intros implodiert und hymnisch den Blick in den sternenklaren Himmel freibläst. Jeder der fünf ausufernden Songs beschreibt musikalisch einen Abschnitt des Aufbruchs ins All. Dabei teilen sich Persson und Christmas Text und Gesang, was einem nach vorne treibenden Stück wie “Chevron” eine bei Cult Of Luna nie gehörte Mischung aus Gewalt und Zerbrechlichkeit gibt. Überhaupt klingt das zweite Stück mit seinem motorischen Beat und einem scheppernd verzerrten Bass bestechend nach Killing Joke. Das grandios vielschichtige “The Wreck Of S.S. Needle” wiederum klingt auf seinem zehnminütigen Weg in die Tiefe des Raums beschwörend wie so manches Opus der Swans. Es sind solche ikonografischen Referenzen, die “Mariner” vom Vorgänger “Vertikal” absetzen, der zwar vergleichbar intensive Musik bot, dessen Sound aber einen wesentlich engeren Horizont hatte. Heute ist der endlos. Die intensive Farbe, die Christmas einem Song wie “The Wreck Of S.S. Needle” injiziert, platziert jeden gitarrengetriebenen Ausbruch zielsicher in der Magengrube. Und man muss es einfach sagen: Auch die großformatigen Melodiebögen ihres Gesangs heben das Album in eine andere Liga. Nach drei Songs und einer knappen halben Stunde folgt mit “Approaching Transition” das vielleicht kontemplativste Stück Musik, das Cult Of Luna je geschrieben haben. Die fast schon psychedelisch dahingehauchte Vorbereitung auf den großen Knall am Rand des Universums bleibt rund zehn Minuten lang in der Stasis einer mysteriösen Geisterballade. An diesem Punkt wird deutlich, wie gut Cult Of Luna darin sind, ihre Geschichten mit musikalischen Bildern zu erzählen. Verloren in den unendlichen Weiten macht sich die kleine Raumkapsel bereit für den finalen Übergang ins Ungewisse, eine Verbeugung in Richtung “2001” oder “Event Horizon” – je nachdem, für welche Vision vom “Ende des Universums” man sich entscheidet. Die letzten 15 Minuten schließlich gehören “Cygnus”, einem Stück, in dem sich alle angestauten Erwartungen entladen. So komplex und ideenreich, so vielschichtig und aufregend haben Cult Of Luna bis heute nicht geklungen.
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