Dabei wäre es unter Umständen gar nicht dazu gekommen, dass Billy Talent vier Jahre nach “Dead Silence” und zwei nach ihrer überflüssigen Best-of-Platte Hits ein neues Album veröffentlichen. Als die Kanadier erste Songideen ausprobierten, überbringt ihr an Multipler Sklerose erkrankter Schlagzeuger Aaron Solowoniuk die Hiobsbotschaft: Er muss krankheitsbedingt eine Pause einlegen und kann sich nicht an den Aufnahmen zum neuen Album beteiligen. Ein Schock, den Billy Talent zunächst verdauen müssen. Aber zu kapitulieren war noch nie ihr Ding. Statt ihre Pläne auf unbestimmte Zeit auf Eis zu legen und abzuwarten, ob und wie schnell es Solowoniuk besser geht (was ihn womöglich unter Druck gesetzt hätte), heuern die Kanadier Jordan Hastings von Alexisonfire als Ersatzdrummer an und nehmen mit ihm erstmals ein Album auf, auf dem sich alle Songs um dieselben, zur Situation passenden Themen drehen: Angst und Veränderung. “Afraid Of Heights” ist ein kämpferisches und erbauendes Album geworden, Songs wie der Titeltrack und “Leave Them All Behind” machen das besonders deutlich. Ersterer treibt leicht melancholisch in mittlerem Tempo voran, Frontmann Benjamin Kowalewicz singt dazu über Beziehungen und Bindungsängste ermutigende Zeilen wie You told me that you never be afraid of heights again und If we fall, we fall together, baby, don’t think twice again. Angst davor, hinzufallen, hatten Billy Talent noch nie. Wenn sie irgendetwas zu Boden wirft, stehen die Kanadier als geschlossene Einheit zusammen wieder auf. Genau dafür verwenden sie metaphorisch auch die Höhenangst auf “Afraid Of Heights”: Es geht in fast allen Songs darum, sich zu überwinden und sich Herausforderungen und Problemen zu stellen, um daran zu wachsen und stärker zu werden. Ihre musikalische Arbeitsweise haben Billy Talent zwar nicht gravierend geändert, sie trauen sich inzwischen aber mehr zu. Wo die Band früher nur auf Gitarre, Bass und Schlagzeug gesetzt hat, räumt sie in Songs wie “Horses & Chariots” und der Reprise des Titeltracks auch Platz für ungewöhnlichere Klänge und ein Klavier ein. Der einzige Song, der dabei nicht direkt nach Billy Talent klingt, ist das punkig-getriebene “Louder Than The DJ”, in dem die Kanadier die Jugend dazu auffordert, sich wieder mehr für Gitarrenmusik zu begeistern – und mit dem Kowalewicz auch die weitere Marschrichtung für Billy Talent vorgibt: Those glory days, they ain’t over yet/ So light that torch and burn like a jet!
weitere Platten
Live At Festhalle Frankfurt
VÖ: 16.06.2023
Crisis Of Faith
VÖ: 21.01.2022
Hits (Best Of)
VÖ: 31.10.2014
Dead Silence
VÖ: 07.09.2012
III
VÖ: 10.07.2009
Billy Talent II
VÖ: 23.06.2006
Billy Talent
VÖ: 29.09.2003