Der Weg einer Freiheit
Finisterre
Text: Christina Wenig
Ganz haben Der Weg einer Freiheit ihre Verbindung zur Zivilisation freilich nicht gekappt, sonst würden wir uns nicht über ihr mittlerweile viertes Album freuen können. Doch der Tenor von “Finisterre” ist dank Eingangszitat aus Marlen Haushofers Entfremdungsroman “Die Wand und geistiger Patenschaft” des Herman-Hesse-Klassikers “Der Steppenwolf” schnell klar: Mit der Gesellschaft stimmt etwas grundlegend nicht, und nur die Flucht in die Natur kann helfen. Die Band um Mastermind Nikita Kamprad übersetzt das Hin- und Hergerissensein zwischen Gesellschaft und Geist sowie Natur und Instinkt in ihren bisher dynamischsten Sound. Dabei offenbaren die Eskapismus-Experten einige der schönsten aber auch dunkelsten Momente ihrer Geschichte, immer auf den Kontrast zwischen progressiver Melancholie und traditionellem Black-Metal-Dauerfeuer bedacht. Der Opener Aufbruch etwa ist nicht nur der schnellste Song, den Der Weg einer Freiheit je veröffentlicht haben, sondern bietet auch Platz für die seltenen Clean Vocals. Das düster-melancholische Instrumentalstück “Skepsis Part I” ist so mitreißend wie niederschmetternd, der zweite Skepsis-Teil fährt alles an Aggression und Dissonanz auf, was geht. Auch gut: Organische, aber nicht rumpelige Produktion. Da die Welt zurzeit ausreichend Gründe liefert, sich einfach mal abkapseln zu müssen, kann man sich in “Finisterre” ganz hervorragend verlieren.