Wenn eine Band sich mit ihren ersten vier Alben einen Status als Szene-Liebling erspielt, wäre es ebenso bequem wie nachvollziehbar, wenn sie das bewährte Schema weiter verfolgte und sich auf bekannte Muster verließe. Dass Elder genau das mit “Omens” nicht tun, spricht zum einen für die Ansprüche an ihr eigenes Schaffen. Veränderung und die Erweiterung des eigenen musikalischen Kosmos waren Elder immer inhärent. Dass sich die musikalische Weiterentwicklung dabei stets wie selbstverständlich ins Gesamtwerk der Band einfügt, spricht zum anderen für die große musikalische Qualität des Quartetts. Hehre Ideen mögen das eine sein, Elder sind aber auch in der Lage, daraus großartige und in sich stimmige Songs zu formen.
Insofern mag “Omens” bei allen Unterschieden zu seinen Vorgängern also nur der nächste logische Schritt eines musikalischen Prozesses sein. Und tatsächlich klingt das fünfte Album der Band erstmal nicht so viel anders als seine Vorgänger. Auch “Omens” ist mit seinen rifflastigen Songs in erster Linie von der klassischen Rockmusik der 70er beeinflusst. Mehr noch als auf den vergangenen Veröffentlichungen bildet dieser Sound aber lediglich das Grundgerüst für Elders musikalische Experimente. Die klingen bei aller Vertracktheit niemals wahllos. Ob lange, mitunter an Jam-Sessions erinnernde Prog-Parts, vereinzelte Streicher- und Orgelsounds oder von Keyboards getragene Space-Rock-Passagen – alles fügt sich auf “Omens” organisch zusammen. Wie gut Elder darin sind, sich bei aller Vielfalt nicht in Beliebigkeit zu verlieren, zeigt etwa “In Procession”. Nach einem ebenso melodischen wie schweren Gitarrensolo, geht der Song in einen Prog-Part über, der über mehrere Minuten hinweg das erneute Aufgreifen des Themas am Ende des Songs einleitet. Das nächste Stück “Halcyon”, von monumentalen Gitarren- und Keyboardsounds getragen, gestaltet sich ähnlich komplex, um kurz vor dem Ende in ein drückendes, basslastiges Stoner-Riff zu münden. Weitere Beispiele für Elders Detailverliebtheit lassen sich auf dem Album zu Dutzenden finden.
Ein nicht unwesentlicher Anteil an der Dynamik und Spannung von “Omens” geht dabei aufs Konto der Rhythmusgruppe und hier speziell auf das von Schlagzeuger Georg Edert. Erst im vergangenen Jahr zur Band gestoßen, verleiht er den Songs mit seinem dynamischen und technisch versierten Spiel enormen Drive. Zusammen mit Bassist Jack Donovan schafft er den Unterbau für die ausufernden Klangwelten, die die Gitarristen und Keyboarder Nick DiSalvo und Mike Risberg in den fünf Songs auftürmen. Deren Nuancen erschließen sich jedoch nicht beim ersten Hören – und das ist gut so. “Omens” braucht Zeit. Je mehr Aufmerksamkeit man dem Album gibt, desto schneller belohnt es einen mit seinen musikalischen Volten. Mit der Prognose, es hier mit einem Album mit großer Halbwertszeit zu tun zu haben, das im Zuge des gegenwärtigen 70er-Rock-Booms durchaus als aktuelles Referenzwerk dienen kann, lehnt man sich jedenfalls nicht allzu weit aus dem Fenster.
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