Dafür braucht das Quartett lediglich 50 Sekunden. Ab dann steigert sich das sphärische Momentum, das zwischendurch immer wieder für kleinere Atempausen sorgt, in etwas Urgewaltiges, bei dem nie ganz klar ist, ob die Bedrohung noch bevorsteht oder bereits der Abgesang darauf eingesetzt hat. Auch wenn das Cover womöglich etwas anderes aussagen soll, stellt man sich hinter einem Name wie Rýr ohnehin nicht Plattenbau, Großstadt oder Hipster-Idyll vor. Im Isländischen steht der Bandname vielmehr für kahl oder karg. Selbst ohne diese Übersetzung versetzen einen die fünf Songs beharrlicher in die garstigen Landschaften und rauen Wetterbedingungen des Eilands als an eine Straßenecke am Kudamm. Da kann der konzeptionelle Fokus der Platte noch so sehr auf der Flüchtigkeit des Moments und der Leere der modernen Welt liegen. Die doppelte Gitarrenspitze und ihre beißenden Riffs sind in Kombination mit den trägen Beats, die sich erschöpft über die Runden retten, für Menschen gemacht, die einen Slogan wie “Draußen zu Hause” bei schlechtem Wetter noch leidvoller genießen. Post-Metal gegen nasse Socken, wenn man so will. Wobei auch der Titeltsong “Transient”, der den Durchreisenden beim Namen nennt, genüsslich offenlässt, ob diese Platte tatsächlich Gegengift oder doch eher Ursache ist.
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VÖ: 10.01.2020