Souljacker” ist das extrovertierteste Werk der Band seit dem Debüt “Beautiful Freak” von 1996. Offenbar hat E die ihn kurz vor Entstehung der letzten beiden Alben ereilenden Schicksalsschläge (seine Schwester beging Selbstmord, bei seiner Mutter wurde bald darauf unheilbarer Lungenkrebs diagnostiziert) mittlerweile verarbeitet. Noch immer ist Mark Oliver Everett nicht gerade das, was gemeinhin eine Stimmungskanone genannt wird, doch muss man nicht Psychologie studiert haben, um einen Song wie “Fresh Feeling” zu deuten. Zu süßen, aber niemals überzuckerten Streichern singt er unpeinlich reflektierende Zeilen wie “Try to forget whats in the past, tomorrow is here / Love, from sky above, lighting your way, theres nothing to fear”; und das so schön und harmonisch wie noch nie zuvor in seiner Karriere. Der Mann hat offenbar einen Weg gefunden, Frieden mit der Welt zu schließen und sein Schicksal akzeptiert. Doch keine Angst, unser liebster Trauerkloß ist nicht etwa zu den Blumenkindern übergelaufen, dafür haben er und der PJ Harvey-Kollaborateur John Parish das Album viel zu unrund und ruppig produziert. So beginnt die CD mit dem dreckigen “Dog Faced Boy”, das mit Fuzz-Gitarre und polternden Drums rockig groovt. Dazu erzählt E mit heiserer, fast wütender Stimme die angeblich wahre Geschichte eines Schülers, dessen Alltag wegen unnatürlicher Gesichtsbehaarung, gleichgültiger Eltern und grausamer Mitschüler zur täglichen Hölle mutiert. Überhaupt werden auf “Souljacker” obskure Geschichten und musikalische Experimentierfreude groß geschrieben. “Thats Not Really Funny” z.B. bringt eine gewagte Instrumentation mit klöternder Percussion, rückkoppelnden Gitarren und einem offenbar reichlich verstimmten Klavinet. “Woman Driving, Man Sleeping” lässt mit etwas Roadmovie-Romantik und entspanntem Synthie-Teppich kurz aufatmen, bevor das unwiderstehliche “Souljacker, Part I” zum ausgelassenen Hotten verführt. Freilich nur so lange, bis der Hörer realisiert, dass er da zu einem Text über nur einen der vielen amerikanischen Alpträume das Tanzbein schwingt. Inzucht ist schließlich nicht gerade das meist gewählte Thema für locker-flockige Radio-Burner, was den Jungs die Chancen auf einen fast sicheren Chart-Hit in den USA verbauen dürfte. Macht aber gar nichts, denn mit “Friendly Ghost” wird gleich die nächste Jahrhundert-Melodie hinterher geschoben. Andere Musiker können von Glück sagen, wenn sie pro Album nur eine dermaßen infektiöse Notenfolge zustande bekommen. Der Eels-Chef kann es sich hingegen leisten, Melodien wie die von “Teenage Witch” per Vocoder, minutenlangen Instrumentaleinlagen und zerhacktem Rhythmus jeder Hitparaden-Kompatibilität zu berauben. Er weiß, dass schon der nächste Song (“Bus Stop Boxer”) und das wenig später folgende “World Of Shit” – übrigens die einzigen beiden Titel, die auch auf den bisherigen Band-Meilenstein “Electro-Shock Blues” gepasst hätten – die Verwirrung vergessen machen und zu Tränen rühren werden.
Andere Musiker können von Glück sagen, wenn sie pro Album nur eine dermaßen infektiöse Notenfolge zustande bekommen. Der Eels-Chef kann es sich hingegen leisten, Melodien wie die von Teenage Witch” per Vocoder, minutenlangen Instrumentaleinlagen und zerhacktem Rhythmus jeder Hitparaden-Kompatibilität zu berauben. Er weiß, dass schon der nächste Song (Bus Stop Boxer”) und das wenig später folgende World Of Shit” – übrigens die einzigen beiden Titel, die auch auf den bisherigen Band-Meilenstein Electro-Shock Blues” gepasst hätten – die Verwirrung vergessen machen und zu Tränen rühren werden.
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