Mit dem kreativen Befreiungsschlag “White Pony” haben sich die Deftones endgültig aus der Genre-Einöde katapultiert, sich sozusagen ins tiefe Wasser getraut, dorthin, wo man nicht mehr stehen kann. Nun macht es keinen großen Unterschied mehr, ob der Ozean unter einem dreihundert oder nur drei Meter tief ist – ertrinken kann man schließlich in beiden Fällen. Das Quintett aus Sacramento entscheidet sich mit seinem vierten Album für die zweite Option und richtet sich häuslich ein. Der Status als Referenzband, die verehrt, kopiert, beneidet wird, fühlt sich gut an und verschafft Sicherheit. Anstatt noch weiter auszuufern, konsolidieren sich Moreno & Co. Machen das, was sie können. Und das können sie verdammt gut. Eine beruhigende Erkenntnis, die diese Platte bringt: Es geht! Die Deftones haben in den Mühlen des Musikbusiness kein Gramm von ihrer fesselnden Aura verloren, es ist diese förmlich mit Händen greifbare Authentizität, die diese Band auszeichnet und einzigartig macht.
Dabei ist es auch ziemlich nebensächlich, ob sie sich nun die Hasskappe aufsetzen und wild um sich schlagen (“Bloody Cape”), versöhnliche Töne anstimmen (“Death Blow”, das in Sachen Atmosphäre stark an “Change” erinnert) oder sich an Sound-Experimenten versuchen (“Lucky You”) – der Faden, an dem das Damoklesschwert hängt, hält: Alles echt, kein Plastik, nichts wirkt gefakt, kalkuliert, bemüht, gekünstelt. Je länger allerdings “Deftones” läuft, desto deutlicher bemerkt man die Schatten, die der bahnbrechende Vorgänger wirft. Stellenweise wirkt die Platte, als ob man “White Pony” in bewegtem Wasser spiegelt: Mal verschwimmt das Bild völlig, mal ist es klar und deutlich sichtbar, mal meint man, Umrisse und Schemen wiederzuerkennen. Eine Situation, die frappant an Metallicas “…And Justice For All” erinnert: Die schwierige Aufgabe, das Album nach dem Album zu machen, wird durch Perfektionierung im Detail gelöst, während Grundkonzept und Struktur beibehalten werden.
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