Augenringe, Stoppelbart – das ist neu. Tim Wheeler, Ash-Frontmann und Ex-Sonnyboy, taugt so nicht länger als Motiv für die Posterwände präpubertärer Backfische. Zu viel Testosteron, zu viel Haar, wahrscheinlich sogar überall am inzwischen vorbildlich angerockten Erwachsenenkörper. Kneipengelage und Party-Exzesse? Das Quartett bekäme seine Drinks inzwischen sogar ohne den Ausweis vorzeigen zu müssen. Und wie das so ist im Rock’n’Roll-Kosmos: Wenn Vitamine das Immunsystem stärken, sorgt Sumpferei für mehr Tinte auf dem Füller, respektive Druck auf dem Amp. Sogar bandintern zeigt man sich vom Resultat überrascht: “Rick hat sich in ein echtes Drumming-Monster verwandelt”, gab Wheeler nach vollendetem Aufnahmeprozess staunend zu Protokoll. Und tatsächlich: So viel rumpelnde Wucht wie bei dem grimmig-treibenden “Clones” gab’s noch nie bei den erwachsen gewordenen Teenie-Lieblingen von der grünen Insel. Überholspur-Rock auch bei “Orpheus”, der ersten Single: Ein bei Monster Magnet entliehener “Powertrip”-Auftakt, rollende Riff-Wände von beachtlicher Größe, bevor Strophe und Refrain die wilden Orkanböen in Rückenwind verwandeln: “I need sunshine in the morning, heading for the open road” Ganz ohne Sonne mag es der Mann mit der Bubenstimme eben doch nicht. Ash im Jahr 2004: Das sind Pop-Chöre, die die Liebe zu Beach Boys-Harmonien ausstrahlen. Gitarren, die das Repertoire im heimischen Plattenschrank abbilden. Elf Songs zwischen Zuckersüße und Schroffheit, zwischen “Free All Angels” und “Nu-Clear Sounds”. Zwischen Sommerhymne und nebelverhangener “Vampire Love” (vom “Dawn Of The Dead”-Soundtrack). Ja, Wheeler, inzwischen 27 Jahre alt, hat inzwischen die Wut entdeckt, lässt die Liebe auch mal Liebe sein und wettert über Perspektivlosigkeit, schlechte Vibes und Nachahmer. “The”-Bands? Nein, danke. Und er lässt auch die anderen mal ans Steuer. Darf man den Verlautbarungen glauben, sind inzwischen auch seine drei Kollegen in das Songwriting involviert. Zu der neuen Bandbreite würde es passen. Das Comeback mit Karacho war von langer Hand vorbereitet. Zum ersten Mal haben sich Wheeler und Co. nach Kalifornien begeben, in das Studio, in dem auch Nirvanas “Nevermind” entstand. Sie engagierten einen Produzenten, der schon für Foo Fighters und Queens Of The Stone Age tätig war. Das Ergebnis ist kurzweilig, aus einem Guss und taugt als Basis für eine zünftige Quizrunde im Freundeskreis. Mögliche Frage: “Welche Band stand für dieses Arrangement/Riff/Drumfill Pate?” Das kann schnell abendfüllend werden und lässt Raum für unzählige Vermutungen. Kleiner Tipp: Mit der Antwort Weezer dürfte man häufig gut liegen.
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