Das Wort “zeitlos” bringe ich hier nicht über die Lippen. Ich schäme mich. Das hier ist so retro, dass ich noch mal mit Dosenbier auf dem Parkplatz der Stadthalle Gladbeck auf meine mehr als zweifelhafte Versetzung in die Oberstufe anstoßen möchte. Man wurde schon damals, 1991, vereinzelt schräg dafür angesehen: Leatherface bringen “Mush” heraus und sind damit endgültig die letzte Band, die sich diesen, bereits damals altmodischen Stil erlauben darf. Nicht, weil Thomas Elbern bei “Graffiti” auf WDR1 die komplette Platte innerhalb von sechs Wochen mehrfach rauf- und runterspielt, obwohl Nirvana und Nine Inch Nails die heißen Themen sind. Nicht, weil sie schon damals die Gesichtsältesten auf jedem Punkfestival sind. Nicht, weil sie Hüsker-Dü-Gitarren mit Altmänner-Reibeisenvocals kreuzen, und in punkto Form und Ausdruck eigentlich die UK-Version von Social Distortions “White Light, White Heat, White Trash” vorwegnahmen. Sondern weil sie ganz einfach laute, bewegende Songs schreiben konnten. Wir wussten damals noch nicht, dass wir später bei solchen Bands entgegen besseren Wissens sentimental werden und uns erst nicht trauen, die neue Platte überhaupt anzuhören (Danke, Zeit). Und spätestens nach dem dritten Hören funktioniert es dann doch. Fast zu gut. Gnadenlos altmodisch, mit wenigen Hängern und einigen Highlights (“Small Yellow Chair”, “You”). Ob du das brauchst, wenn du damals nicht dabei warst? Wohl kaum. Aber dir fällt bestimmt etwas Ähnliches ein. Und dann schämst du dich.
weitere Platten
The Stormy Petrel
VÖ: 26.02.2010
Horsebox
VÖ: 17.04.2000
The Last (Mini-LP)
VÖ: 02.10.1994
Minx
VÖ: 23.10.1993
Mush
VÖ: 01.10.1991
Fill Your Boots
VÖ: 01.01.1990
Cherry Knowle
VÖ: 09.07.1989