Interpol
Antics
Da mag die Vorzeige-Anzugfraktion mit dem Faible für rätselhafte Songtitel im Interview noch so vehement Einspruch erheben: Substanzielle Veränderungen zum immerhin 400.000 mal über die Theke gegangenen Debüt “Turn On The Bright Lights” gibt es keine. Gut: Die Tracks sind im Schnitt etwas kürzer gehalten, nicht bloß durch den in seinem Stoizismus beinahe sakralen Opener “Next Exit” wabert eine Hammond-Orgel. Insgesamt tönt die Platte ein Jota sperriger, spaciger. Atmet mehr Weite. Bildbeherrschend indes bleibt dreierlei. Erstens die unumstößliche Liebe von Gitarrist Daniel Kessler zu treibenden, vor Joy Division den Hut ziehenden Achtel-Riffs, die zwischenzeitlich von Kollegen wie Franz Ferdinand auf sämtliche Indie-Tanzböden dieser Welt geschossen wurden und nun abermals durch Nummern wie “Evil”, “C’mere” oder das funky pumpende “Slow Hands” pflügen.
Zweitens Carlos D.s ebenso stabil gebaute wie einfühlsame, oktavierte Basslicks. Und schließlich und natürlich der latent unterkühlte Zauber von Paul Banks‘ atemberaubendem Timbre – einer nach wie vor zwielichtigen Stimme, die Texte vorträgt, die zu gleichen Teilen lyrisch und abgründig daher kommen. Zumindest den Willen zur Weiterentwicklung merkt man der Platte deutlich an – am ehesten beim zwischen kunstvoll verzahnter Strophe und geradezu krachledernem Rock-Refrain oszillierenden “Public Pervert”. Andernorts begnügt man sich damit, einfach das Tempo zu drosseln (“A Time To Be So Small”). Wenn Banks im übergroß im Raum verweilenden “Take You On A Cruise” zugibt “The pretense is not what restricts me/ It’s the circles inside”, dann darf man das durchaus (auch) als Nabelschau deuten. Man kann nun mal schwer aus seiner Haut. Am Ende bleibt “Antics” eher Übergangswerk denn Neuerfindung. Ihr Plansoll haben Interpol damit erfüllt. In Zukunft jedoch werden sie sich was anderes einfallen lassen müssen.
weitere Platten
The Other Side Of Make-Believe
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