Elliott Smith
From A Basement On The Hill
Und das mitnichten, weil man in ähnlichen Fällen von Leichenfledderei sprechen könnte. Nein, Elliott Smith lag viel an dieser von vornherein als separates Indie-Projekt geplanten Platte. Er wollte, dass wir sie hören. Als der US-Songwriter im letzten Herbst 34-jährig völlig unerwartet an einer (offenbar selbst beigefügten) Stichverletzung starb, war er kurz davor, das zu vollenden, was wir nun in Händen halten dürfen. Die losen Enden fügte Produzent Rob Schnapf mithilfe einer Ex-Freundin des Musikers kongenial zusammen. “From A Basement On A Hill” – allein der Titel schickt einem Schauder über den Rücken, liest man ihn doch automatisch als Metapher auf den zerrütteten emotionalen Zustand des Künstlers. Als Diskrepanz zwischen Innen- und Außensicht. Auch im weiteren Verlauf fällt es schwer, Songs wie “A Distorted Reality Is Now A Necessity To Be Free”, “The Last Hour” oder den schmerzhaft intimen, nur auf Akustikgitarre und Smiths Falsettgesang reduzierten Zweiminüter “Let’s Get Lost” anderweitig zu deuten. “Burning every bridge that I cross/ To find some beautiful place to get lost”, haucht Smith dort, und dass er nicht wisse, wohin er ginge, und man möchte heulen.
Bei “Twilight” spätestens tut man es. Das McCartney-eske “Memory Lane” geht gar als Abschiedsbrief durch. Und dennoch: Wie die Vorgänger ist dies beileibe kein ausschließlich dunkler Klotz. Das swingende “Pretty (Ugly Before)”, der aufmüpfig-knarzige Opener “Coast To Coast” oder das zartbittere “A Fond Farewell” (“Just a fond farewell to a friend/ Who couldn’t get things right”) verjagen düstere Grübelei, lassen ansatzweise Sonne und frischen Lebensmut durch den Keller fluten. “King’s Crossing” schraubt sich von chaotischem Stimmenwirrwarr über einen trunkenen Piano-Schwank hinein in pumpende Gitarren-Euphorie, im burlesk-zerschossenen “Shooting Star” schließlich gniedelt sich Smith mit unverkennbarem Augenzwinkern durch krachlederne Solo-Licks. Keines seiner Werke war derart vielfältig, zerrissen und ausufernd, wird dem manisch-depressiven Charakter des Urhebers ähnlich gerecht. Was bleibt, ist einzigartige, das Herz auswringende Schönheit. “I don’t want to see the day dying” neben “and I don’t care if I fuck up”, “Don’t let me get carried away” neben “I know it’s a big relief”. Pur, nah und rein. R.I.P.
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