Ob Bohren wohl jemals ankommen werden? Mit “Black Earth”, ihrem 2002 veröffentlichten
letzten Album, wähnte man sich ja schon fast in trockenen Tüchern. Kaum möglich schien
es, dass die Mülheimer ihr Klangspektrum noch weiter ausmergeln könnten. Und jetzt
dies: “Geisterfaust”. Vier knochige Finger, dazu ein abgekauter Daumen, die einmal mehr
eindrucksvoll beweisen, wie verdammt viel man mit derart spärlichen Zutaten sagen kann.
Erste Faustregel: Man muss das schon wollen. Gut 20 Minuten tippt einem der Opener
“Zeigefinger” da auf die Schulter; 20 Minuten, in denen genau genommen kaum etwas
passiert. Ein schlafwandelndes Fender Rhodes hier, ein vereinzeltes Becken, ein
verirrter Snare-Schlag dort – “weniger ist mehr” wäre eine törichte Untertreibung.
Bohren schaffen es, durch Reduktion bis zum Äußersten zu fesseln. Doch zuallererst
gilt, sich frei zu machen: Von sonstigen Hörgewohntheiten, fahrigen Alltagsrhythmen und
dem Gefühl “noch mal schnell etwas erledigen zu müssen.” Wer es schafft, sich derart
runterzutakten, wird belohnt – und das nicht zu knapp. Ein wohliges Gefühl aus
Entspannung und Erwartung legt sich da gleichermaßen aufs Gemüt. Spielerisch gelingt es
Bohren, den Hörer eine knappe Stunde einfach mal nicht denken zu lassen. Würdiger
Schlusspunkt: Das auf “Black Earth” so prägnante ,Horrorjazz’-Saxophon taucht im
abschließenden “Kleiner Finger” dann doch noch auf und verpasst der ohnehin schon
losgelösten Stimmung einen morbiden Trauerflor. Danke, Bohren & der Club Of Gore!
weitere Platten
Patchouli Blue
VÖ: 24.01.2020
Bohren For Beginners
VÖ: 21.10.2016
Piano Nights
VÖ: 24.01.2014
Beileid
VÖ: 22.04.2011
Dolores
VÖ: 10.10.2008
Black Earth
VÖ: 14.10.2002
Sunset Mission
VÖ: 25.02.2000
Gore Motel
VÖ: 12.05.1997
Midnight Radio
VÖ: 01.01.1900