Marilyn Manson
Antichrist Superstar (Platten der Neunziger)
Text: Melanie Schmidt | Erschienen in: VISIONS Nr. 88
Klang der Vorgänger „Smells Like Children” noch extrem bei Ziehvater und Produzent Trent Reznor abgeguckt, schimmerten Nine Inch Nails-Zitate auf „Antichrist Superstar” nur noch marginal durch. Reznors geliebtes Monsterbaby hatte laufen gelernt und sich zum Antichristen höchstpersönlich stilisiert, was das prüde Amerika prompt wörtlich nahm. Und Manson lachte sich darüber ins androgyne Fäustchen: Alles, was allgemein als verabscheuungswürdig geächtet wird – Homo- und Transsexualität, Serienkiller, Satanismus, Nekro- und Pädophillie – war über Nacht bei den Kids hip und schick. Plötzlich war Rockmusik wieder ‘shocking’ und brachte die älteren Generationen auf die Palme. Aber, was vielleicht viel wichtiger ist: Musik bedeutete wieder Showbiz! Die Zeit war wieder reif für Glamour; sich selbst zu kreieren und in Szene zu setzen, war ‘in’. Das taten Manson dann nicht nur Millionen jugendlicher Jünger gleich, sondern eine ganze Schwemme von Bands, die entweder wie Coal Chamber seinen Look kopierten, oder gleich sowohl Sound als auch Optik wie beispielsweise Orgy oder ganz aktuell die ehemaligen Blackmetaller von Kovenant entlehnten. Leider schafften es die meisten – trotz unbestreitbarer kommerzieller Erfolge – nicht über den Status einer faden Kopie hinaus, denn das vordergründige Kunstprodukt Marilyn Manson trug unter seiner schillernden Hülle Talent zu phantastisch arrangierten Songs wie „The Beautiful People”, „Mister Superstar” oder „Torniquet”. Bei den intelligenten Texten und dem interessant gestalteten Booklet ist man sogar geneigt, ihm Wissenslücken über von ihn gerne angeschnittene Themen wie der Church Of Satan zu vergeben – übrigens ursprünglich auch nichts anderes als ein Club gelangweilter Superstars…
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