100 Kilo Herz
Zurück nach Hause
Direkt beim zweiten Stück bleibt einem kurz die Luft weg: “Station 30” ist ein bitterer Punksong über den Pflegenotstand, ein Thema, das selten angesprochen wird und doch dringend das Scheinwerferlicht benötigt. Das desillusionierende Lied besingt eine:n Pfleger:in zwischen zwei Schichten mit schonungslosen Beobachtungen: “Du bist seit 17 Stunden wach dank Kippen und Kaffee/ Dein ganzer Körper schmerzt und du bist längst nicht mehr okay/ Du kannst nur hoffen, dass heut Nacht nichts Schlimmeres passiert/ Denn wem es immer schlechter geht, sind die Patient:innen von dir.”
Allein dafür gebührt 100 Kilo Herz Applaus. Aber auch für Songs wie den druckvollen Opener “Lichter aus” oder den Rücken-gerade-Macher “Keine Zeit für Angst”, bei dem Nicholas Müller von Jupiter Jones mit der Band gegen den Rechtsruck ansingt. Drumherum tragen die clever arrangierten Bläser das Album, geben ihm ungemein Druck, treiben die Band nach vorn.
Zwar hält die Platte nicht konstant das sehr hohe Niveau, mit dem sie beginnt. “2694 Tage” etwa sorgt an der richtigen Stelle für Entschleunigung auf der Platte, aber auch für eine Ladung Kitsch, die unnötig ist. Trotzdem: “Zurück nach Hause” von 100 Kilo Herz ist ein Deutschpunkalbum, das im Spätsommer 2023 gehört werden sollte.
Das steckt drin: Kmpfsprt, Pascow, ZSK