Himmelwärts, Freunde! Butch Vig und Ebbot Lundberg leiten eine fluffige Klassenfahrt zu den Psych-Folk-Sternen. Neben dem Alternative-Veteranen und dem Retro-Psych-Hohepriester sitzen auch noch UK-Produzent Andy Jenks, sein Landsmann DJ James Grillo und einige Hypnose-Fachmusiker von Bands wie Spiritualized, Goldfrapp und Massive Attack mit in jenem 70s-Raumschiff mit Perlenvorhang als Tür, mit dem sich 5 Billion In Diamonds durch die Erdsphären und Bewusstseinsebenen treiben lassen. Vom Opener “Gravity Rules” bis zum abschließenden Spaceshuttle-Abflug “Close The Door” ist das Debütalbum des Kollektivs mit seinen Synthie-Wallungen ein transzendentes, astrales Vergnügen – der träumerisch zugehangene Psych-Folk-Pop zwischen Hippie-Meditation, James-Bond-Pomp und “Raumschiff Enterprise”-Thema vermittelt konstant ein wolkiges Gefühl des Abhebens, Entschwebens und Dahindriftens. Wer sich bereitwillig in Raum und Wassermann-Zeitalter verliert, den locken in “Traveling In Time” die samtige Stimme von Helen White und eine mystische Waldflöte noch tiefer ins Ungewisse. Alternativ ist man zur Akustikgitarre und wässerigen Keyboards mit Lundberg – dessen “For The Ages To Come” ähnlich, aber weniger pastellig klingt – “Lost In The Sea”. Anderswo schlagen die britischen Wurzeln der Musiker in Shoegaze-Einflüssen durch, meist klingt “5 Billion In Diamonds” aber wie eine sternenbestäubte Variante von Vorbildern wie den 70s-Psych-Poppern The Free Design. Easy Listening für Astrologen mit Hanf-Weste.
8/12 Dennis Drögemüller
Öde, künstliche und pseudomoderne Baukasten-Psychedelia älterer Herren und einer jüngeren Dame. Bitte nicht falsch verstehen: Ich liebe Ebbot Lundberg und seinen Soundtrack Of Our Lives. Aber auch seine Bärchenstimme kann nicht viel an “5 Billion In Diamonds” retten. Das war aber abzusehen, denn es ist schließlich die neue Band von Butch Vig. Der legendäre (und ziemlich überbewertete) Produzent von Nirvana, Sonic Youth und den Foo Fighters hatte zuletzt ja immer wieder mit Garbage bewiesen, wie sehr er Rock hassen muss – und versuchte fortan, mit Plastik ein künstliches Gegengewicht zu formen. Das erklärt dann auch, warum “5 Billion In Diamonds” so klingt, wie es klingt: vor allem synthetisch und zugleich ziemlich gestrig. Letzteres ist okay, gerade bei einem Genre wie Psychedelic, zu dem man 5 Billion In Diamonds zählen darf. Doch was die Allstar-Band um Musiker von Spiritualized bis Goldfrapp hier zusammengefriemelt hat, erinnert im besten Fall an eine öde Kopie von Zero 7 (“Traveling In Time”), im schlechtesten an die Carpenters (“Moonbeams”). Schwachpunkte sind vor allem das artifiziell klingende Schlagzeug und die programmierten 90er-Beats, die den einen oder anderen besinnlichen Moment kaputtklöppeln. Diese Platte will einfach kein harmonisches Ganzes ergeben, weil sich analoge Sounds und Künstlichkeit ständig in die Quere kommen. Dabei hat Tame Impalas Kevin Parker doch auf “Currents” zuletzt gezeigt, wie man das besser hinbekommt.
5/12 Jan Schwarzkamp
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VÖ: 20.11.2020