Eigentlich müsste jeder Text über die 2004 zum wiederholten Male neu formierten Punkurgesteine von einem motzenden Zeitzeugen verfasst werden. Einem mit Lederjacke, die ebenso alt ist wie Abwärts und selbstständig an der Theke neben ihrem Träger stehen könnte. Einem, der ausschließlich Titanic liest (im Abo), Vinyl hört (in Erstpressung) und den Fernseher nur anschaltet, um sich über die vermeintlichen Unterschichtenformate aufzuregen. Einem, der mit 30 seine Ironie zugunsten des Sarkasmus aufgegeben hat, um diesen mit 40 gegen hoffnungslosen Zynismus einzutauschen. Einem, der sich nur Karten für die Ärzte-Tour im nächsten Jahr gekauft hat, um beim Konzert drei Stunden vor dem Flatscreen an der Theke irgendeiner Multifunktionsarena zu sitzen und sich aufzuregen, weil die Band nicht Zum Bäcker spielt. Ach, um das abzuhaken: Rodrigo González ist immer noch bei Abwärts. Auch der ehemalige H-Block Martin Kessler. Letzteres hört man Europa Safe schönerweise nicht an. Wohl aber, dass Abwärts mit ihren neuen – und vereinzelt nur neu eingespielten – Songs 2011 eben nur eigentlich ausschließlich für das alte Stamm(kneipen)klientel aufspielen. Denn Europa Safe ist keine rückwärtsgewandte Anekdotensammlung zum Herrengedeck, sondern aktuelle Gesellschaftskritik. Und so kann Frank Z. auch die jungen Dagegen-Seier aus dem sinkenden Schiff holen und sich generationenübergreifend über den dumpfen Stumpfsinn aus Europakrise, Fußballmärchen, Monarchenhochzeiten und Social-Network-Zwang aufregen. Gefällt mir – auch ohne Facebook-Account.
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