Einige Worte vorab zum Saxofon. Nicht grundlos landet es in der Kategorie “Meistgehasstes Instrument” meist auf den Rängen eins bis drei. Veranlasst gerade Rockohren zur spontanen Flucht nach vorne. Lässt die “Kultur”-Lampe blinken wie einst Schmidt & Feuerstein in der Ausdruckstanzkiste. Und doch, es gab und gibt sexuelle Höhepunkte in der ansonsten frigiden Geschlechtlichkeit zwischen dem Saxofon und dem Rock. Miles Davis’ “Bitches Brew” hat das genauso überzeugend bewiesen wie King Crimsons “Starless And Bible Black”. Nur sporadisch bedienen sich auch Acoustic Ladyland an den Wiedererkennungswerten des Rock und Pop. Die wenigen eingängigen Themen auf “Skinny Grin” halten den Hörer notgedrungen über Wasser, wenn die Gene eines John Coltrane mit denen von Deep Purple durch gemeinsame Blutbahnen rauschen. Derartige Unartigkeiten erfordern gewaltiges Fingerspitzengefühl, doch Acoustic Ladyland wissen genau, was sie da tun. Staubig klingen die Londoner trotz aller historischen Referenzen nicht, was auch Verdienst von Mentor und Produzent Paul Epworth (u.a. Bloc Party, Maximo Park, The Futureheads) ist. Steilvorlagen für den alternativen Alternative-Sound liefern Acoustic Ladyland ihm immer dann, wenn trauriger Cool Jazz von zappeligem Crossover überfahren wird (“Red Sky”) oder wenn wie in “Paris” selbst Handys als “Instrumente” herhalten müssen. So viel Sound-Expressionismus vereinigt auch weite Hörerkreise wie die um John Zorn, Zoot Woman und die Bad Brains zu ganz neuen Zirkeln. Natürlich mit Ecken und Kanten.