Albert Hammond Jr.
Melodies On Hiatus
Text: Daniel Thomas / Juliane Kehr | Erschienen in: VISIONS Nr. 364
Der Titel des fünften Albert-Hammond-Jr.-Albums ist irrenführend. Die Melodien machen hier alles, nur keine Pause.
Sie empfehlen sich stattdessen für die nächste Aperol-Runde. Warum auch nicht? Womöglich liegt das daran, dass der Strokes-Gitarrist von New York nach Los Angeles umgesiedelt hat und Vater wurde. Jedenfalls schreibt er jetzt Songs, in denen die Refrains vielfach mehr können, als es die poppig-glatten Strophen versprechen, allen voran das elektrifizierte “Downtown Fred”. Kleine A-ha-Momente, die – auf 19 Songs verteilt – Begebenheiten aus dem Leben von Hammond Jr. aufgreifen und zu schrägen Vignetten verdrehen, die er sich von der kanadischen Singer/Songwriterin und Dichterin Simon Wilcox schreiben ließ.
Seine Sache sind die Melodien. Die gefälligen Hooks in “Old Man” oder dem post-punkig untersetzten “Darlin’” erwecken den Anschein, als wäre der blasse dünne Junge von The Strokes zu lange in der Sonne gelegen. Und doch klingt vieles auf “Melodies On Hiatus” auch den entscheidenden Deut gesünder als das noch in New York Downtown, seinem schmuddeligen Nachtleben und während Hammonds etablierter Drogensucht der Fall war. Dass das für das Publikum nicht zwangsläufig die spannendere Platte ergibt, liegt auf der Hand, aber offensichtlich eine, die nötig ist, wenn man noch eine Weile etwas von ihm haben will.
In Farben gesprochen: diese Platte ist von Kopf bis Fuß beige. Man nimmt zur Kenntnis, dass sie da ist, mehr löst sie nicht aus.
Es beginnt mit 100-99 und einem bekömmlichen Einheitsbeat, der nirgendwo aneckt. Ein paar süße, kleine Melodien tröpfeln darüber, und Hammond zieht jede Silbe eines banalen Textes unnötig in die Länge. Dieser birgt Zeilen wie “You can take me anyplace/ I’ve never been” – musikalisch gesprochen: schön wär’s, Albert! Ein Rapper namens Goldlink steigt mit ein, so weit, so gut. Aber dann ist Hammond der Meinung, diesem Schmu mit einer Autotune-Einlage nervigster Sorte das i-Tüpfelchen zu verpassen. Da fühlt man kurz einen Funken Empörung und den sollte man festhalten.
Es wird das einzige Gefühl bleiben, dass der Strokes-Gitarrist mit dieser neuen Platte hervorruft. “Downtown Fred” und “Old Man” lungern irgendwo im langen Schatten richtig guter Indierocksongs herum: schnell zusammengeschustert, schnell wieder vergessen. Zwei verhallte Schlagzeugschläge hat man Hoffnung für Darlin’, bevor der Song auf dasselbe wie seine Vorgänger hinausläuft. Der Gesang auf diesem Album wirkt wie ein leeres Boot, das auf den Melodien schaukelt: Er vermittelt rein gar nichts. Hammond Jr. selbst hat schon so viel bessere Musik veröffentlicht, dass man seine Zeit hiermit verschwenden müsste.
Das steckt drin: CRX, The Strokes, Phoenix
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