Und sollten sich einmal Fans eines bekannten Damen-Pop-Quartetts ähnlichen Namens auf ein Konzert von All The Saints verirren, werden sie an den Rauchschwaden recht bald merken, dass sie sich nicht auf der von ihnen gewünschten Veranstaltung befinden. Mit Pop im herkömmlichen Sinne hat dieses Trio aus Atlanta herzlich wenig am Hut. Melodien finden hier nur weit unter der brodelnden und wabernden Oberfläche statt, genüsslich zelebrieren die drei Musiker ein apokalyptisch anmutendes Oratorium, an dem Fans von Black Mountain und ähnlichen Kalibern ihre wahre Freude haben werden. Jeder Ton wird mit Bedacht platziert, jeglicher Ballast rigoros über Bord geworfen, damit das Notwendige seine maximale Wirkung entfalten kann. Und dabei scheinen alle zehn Songs der Platte durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden zu sein. Wenn ein Lied aufhört und das nächste beginnt, dauert es eine Weile, bis man sicher realisiert hat, dass der Zähler des CD-Laufwerks eine andere Nummer anzeigt. Das bedeutet keineswegs, dass hier ein Track dem anderen gleicht. Vielmehr zieht sich die Grundatmosphäre konsequent durch das gesamte Album, und da die Stücke eben nicht dem typischen Popsong-Schema unterworfen sind, muss oder darf man bei All The Saints auf alles gefasst sein. Sie sind wahre Meister in der Kunst, mit Kontrasten zu spielen und sich dabei stets im Rahmen höchster Homogenität zu bewegen. Regal Regalia zum Beispiel kreiert seine atmosphärische Dichte mit einer Symbiose aus zarten Tönen und fies dröhnenden Gitarrenwänden. Und bei Farmacia wirbeln die Trommeln, im Hintergrund ertönen verhallte Chöre, während dem Hörer aus einer anderen Richtung Gitarrensounds um die Ohren flirren. Ganz plötzlich hält der Song inne, der Rhythmus verharrt auf der Stelle, alles versammelt sich auf dem Punkt und klingt langsam aus, um sich in aller Ruhe für den nächsten Ausbruch bereit zu machen. Wobei das Gewitter hier meist nur angedeutet wird, um den daraus resultierenden Regenbogen umso eindrucksvoller erstrahlen zu lassen. Dieses Album würde auch als Instrumental hervorragend funktionieren, doch ist der in seiner kühlen Zurückhaltung von Vorbildern wie My Bloody Valentine und The Jesus And Mary Chain geprägte Gesang von Gitarrist Matt Lambert mehr als bloße Füllung. Diese Band liefert nämlich nicht nur ein musikalisch erhabenes Debüt ab, sondern hat noch mehr mitzuteilen als die üblichen Phrasen.
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Intro To Fractions
VÖ: 27.01.2012