Denn seien wir mal ehrlich: Wer fängt ein Album mit einem dreißigsekündigen Glockenspiel-Intro an? Warum macht man sowas? Vielleicht um zu zeigen, dass die außermusikalischen Rahmenbedingungen dieselben wie bei den beiden Vorgängern sein mögen, man sich aber in Sachen Komposition und Songaufbau ein paar neuer Tricks bedient. Obwohl American Football die Schlaginstrumente aus Silhouettes ebenso verschachtelt übereinanderschichten wie sie es sonst mit halligen Emo-Gitarren tun, hinterlässt der eklektische, rhythmisch getriebene Soundmix eine ganz eigene Note – und das, ohne den Flötenpart in “Heir Apparent” auch nur vorauszuahnen. Einen ähnlichen Effekt haben die Gastauftritte, für die das Quartett erstaunlich viel Raum schafft. Die pendeln qualitativ zwischen okay (Elizabeth Powell in “Every Wave To Ever Rise”) über erwartbar (Hayley Williams in “Uncomfortably Numb”) bis zum Gefühl, jetzt ganz dringend ein ganzes Album in dieser Konstellation zu brauchen (Rachel Goswell in “I Cant Feel You”). Die erfreulich frischen musikalischen Einfälle täuschen hervorragend darüber hinweg, dass das Grundprinzip von scheinbar aneinander vorbeispielenden Glitzergitarren, pulsierendem Schlagzeug und klagendem Gesang von Bandkopf Mike Kinsella fast genauso klingt wie vor 20 Jahren. Aber zwischen fast und genauso liegt eben nicht nur ein Leerzeichen, sondern eine ganze musikalische Bildwelt, die andere Emo-Revivalisten erst mal nachmalen müssen.
weitere Platten
Year One Demos
VÖ: 13.12.2019
American Football (LP2)
VÖ: 21.10.2016
American Football (LP1)
VÖ: 01.01.1900