Jede Gegenüberstellung würde für offene Münder sorgen – mit der altgedienten Doom-Metal-Band hat “Hindsight” nicht einmal mehr die sekundären Geschlechtsmerkmale gemein. Bizarr ist nur noch der Link zur grobschlächtigen Vergangenheit der Briten. Und die ist lange her. Dieses Album ist für sich allein betrachtet eine Perle der (halb-)akustischen Balladenkunst. Erfreulich ideologiefrei arbeiten sich die Barden durch zehn stille wie tiefe Gewässer. Mittelalterlicher Kuttenmuff darf dabei ebenso draußen bleiben wie jedwede musikalische Referenz an den Metal. “Leave No Trace” verführt durch weitläufige Celli und ein hintergründig wirkendes Xylofon, mit Dave Wesling vom Royal Liverpool Philharmonic Orchestra hat man sich entsprechend professionelles Personal ins Boot geholt. Sänger Vincent Cavanagh lustwandelt durch verträumte Gärten aus Pianofiguren (“Inner Silence”), als hätte der Sündenfall niemals stattgefunden. Warum qualifizieren sich Anathema gleichsam für den toleranten Headbanger und dessen Sozialpädagogik-Freundin? Weil derart auf sich selbst reduzierte Musik mit jedermann Freundschaft schließt. Weil handgemachte Tonkunst wie diese auch die nächsten Jahrhunderte schadlos überstehen wird. Und weil der engelhafte Damengesang in “A Natural Disaster” die anheimelnde Weiblichkeit dieses wunderschönen Albums offensichtlich macht.
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