Ist es plätscherndes Wasser oder wehender Wind? Schon das verspielte Intro aus den verwobenen Gitarren von Rory Friers und Niall Kennedy setzt das Kopfkino in Gang. Spätestens wenn das erste langsam stampfende Riff faucht, fühlt man sich, als würde die Band einen zur Begrüßung in die Arme nehmen: “Schön dich wiederzusehen, alles beim alten”.
Das bedeutet nicht, dass And So I Watch You From Afar nur einen Aufguss alter Großtaten liefern. Mit dem Fokus aufs Wesentliche in Instrumentierung und Arrangements hat die Band aber die richtige Entscheidung getroffen. Es ist nicht so, dass das siebte Album dem Titel “Megafauna”, der die großen Tiere in ihrem jeweiligen Lebensraum beschreibt, nicht gerecht würde: Mal treten die Nordiren leichtfüßig wie Großkatzen auf, mal trampeln sie wie eine Horde Elefanten, nur um an anderer Stelle wie ein Greifvogel schwebend ihr eigenes Tun zu umkreisen.
Zugleich überrascht es, wie zugänglich diese doch sehr spezielle Musik gemacht werden kann, ohne auch nur einen Kompromiss zum Zweck der besseren Verdaubarkeit eingehen zu müssen. Ein Song wie “Gallery Of Honour”, der avantgardistisches Mathcore-Geknüppel mit hochmelodischen Passagen inklusive dezentem Piano-Einsatz kombiniert, sollte beim Hören eigentlich schizophren anmuten, wirkt aber wie aus einem Guss. Das wiederum macht es einfach, die Songs auf die vielen feinen Melodien abzuklopfen, die sich mal vor aller Augen verstecken, mal komplexen Jazz-Gitarrenläufen entrissen werden müssen.
Herzstück des Albums ist das zweiteilige “Mother Belfast”, eine Ode an die Heimatstadt der Band und an flüssig verwobene Metren wie 6/8 und 5/4. Sie beginnt mit melodischer Jazzgitarre, bevor Streichereffekte und Gitarrenmotiv eine mehr als passende, leicht folkige Atmosphäre entfalten. Ähnliches gilt für den Rock-Walzer “Me and Dunbar”, der selbst in den harten Passagen erbaulich bleibt. Daran hat auch die rohere Produktion ihren Anteil, die die Spielfreude von vier Freunden im Proberaum überzeugend einfängt. Dem gegenüber steht das fast tragische, als Post-Rock-Crescendo angelegte und von Streichern getragene Any Joy – wohlgemerkt, ohne dass die Band an ihrem Sound viel ändert.
Weitere Highlights wie das nahezu punkige “Button Days” und die Single “Do Mór” untermauern nicht nur, dass “Megafauna” ein Album ohne Füller ist, sondern vor allem welche emotionale Vielfalt And So I Watch You From Afar mit instrumentaler Musik und vergleichsweise wenig Mitteln ausdrücken und auslösen können.
Das steckt drin: 65daysofstatic, God Is An Astronaut, Tortoise
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