...And You Will Know Us By The Trail Of Dead
IX
Text: Karsten Köhler
Die pulsierenden Rhythmen, die wohl überlegten Arrangements, der E-Gitarren-Sound – “IX” klingt unverkennbar nach …Trail Of Dead. Aber etwas ist anders. Die Band zügelt sich: keine spontanen Eruptionen, keine zerschlagenen Gitarren und zu diesen Songs wohl auch kein Autry Fulbright am Bass, der sich wild verrenkt. Das Feuer, das Alben wie “Source Tags & Codes” und “Lost Songs” treibt, glimmt auf “IX” allenfalls im Hintergrund. Die Songs bieten sich neben dem bisherigen Repertoire live vermutlich als Verschnaufpausen an. Conrad Keely hält sich mit emotionalen Ausbrüchen zurück, schreit selten, und wirkt, als trage er alles, was da kommen wolle, mit Yoda-ähnlicher Fassung und wundersamer Ruhe. Klingt so der Anfang vom Älterwerden? Keely ist schließlich mittlerweile 42 Jahre alt, von denen er 20 mit Trail Of Dead verbrachte. Das Älterwerden ist es aber nicht. Keely und seine Bandkollegen zügeln sich absichtlich. Weniger Platz für Punk und Noise bedeutet zwangsläufig mehr Platz für Keelys Fantasie, für seine Ideen und musikalischen Zeichnungen, die auf “IX” tatsächlich den meisten Raum einnehmen. In “How To Avoid Huge Ships” entsteht eine Welt, für die auch das Zeichentrickfilmstudio Studio Ghibli verantwortlich sein könnte: Klavier, Streicher, später E-Gitarren und Schlagzeug bauen sich instrumental zu cineastischer Größe auf und bieten einen Ausblick auf eine Szenerie in angenehm weichen Farbtönen. Keely ist offensichtlich sehr romantisch veranlagt. In “Like Summer Tempests Came His Tears” beweist er, dass er mit Hilfe seiner Band-Kollegen – wenn es darauf ankäme – Zuhörern ähnlich viele Tränen entlocken könnte wie Yann Tiersen. Hinter den Songs von “IX” steckt viel kompositorisches Talent, dem auch das achteinhalbminütige “Lost In The Grand Scheme” zu verdanken ist: Der Songbeginn fasst zusammen, was …Trail Of Dead auszeichnet – das Nebeneinander von Hart und Sanft, von warmen Melodien und brachialem Schlagzeug. Statt einem Standardende schließt sich eine instrumentale Orgie an, an der auch God Is An Astronaut oder And So I Watch You From Afar viel Freude hätten. Im folgenden Finale ist dann doch noch Geschrei zu hören. Komplett tiefenentspannt kommt also auch “IX” nicht daher. Der erste Eindruck, …Trail Of Dead würden alt, ist also ein Irrtum. Es gelingt ihnen einfach, von Album zu Album – ob nun ungestüm oder ruhiger – ihre ursprüngliche Spielfreude zu bewahren.
weitere Platten
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