...And You Will Know Us By The Trail Of Dead
The Century Of Self
Text: Sascha Krüger
Sie werden häufig herbeizitiert: die künstlerischen Repressalien, die mit der Vertragsunterzeichnung bei einem Majorlabel beginnen und sich sukzessive zu einem bandinternen Zerwürfnis auftürmen können. Seitenlang wird dann in Interviews darüber lamentiert, wie das Geschäft die Kreativität zerstört, wie man sich der Fesseln aus Single-Notwendigkeit und Marketing-Meetings wieder entledigt. …Trail Of Dead haben nicht lamentiert, sie haben einfach gemacht, sich von Universal getrennt, ihre Besetzung auf sechs Mitglieder aufgestockt – und überschütten uns nun mit dem Ergebnis ihrer neuerlichen Freiheitsoffensive. Lauscht man den 13 neuen Songs, so strotzt es nur so vor einer neu entdeckten Lust am eruptiven Irrsinn. Singles sucht man fürwahr vergebens, doch die will man ja gar nicht. Was man sich hingegen wünscht? Eine Neudefinition des Begriffes Prog, ein Weiterdenken von Opulenz, Noise, Cleverness, Intensität, Kontrast, Bombast und zu Songs geformten Melodie-Orgasmen, oder kurz: die hohe Kunst intelligenter Rockmusik. Darin waren und sind sie Meister, und “The Century Of Self” intensiviert diesen Eindruck weiter. Dieses Album ist für sie vieles zugleich: das weitschweifigste und in Momenten brachialste, das orchestralste und manchmal auch poppigste, doch vor allem ihr persönlichstes. Das zeigt sich in den Texten, von denen viele laut Conrad Keely autobiografischer sind als alles Vorherige. “The Century Of Self” erlaubt somit einen Blick ins Innere einer Band, die sich selbst einem stetigen künstlerischen Fortschritt unterwirft. Jeder der Songs, von denen kaum einer mehr dem traditionellen Kompositionsformat folgt, beschreibt den Gegensatz, den auch Keely und Songwriting-Kollege Jason Reece empfinden. Während Keely das Album als eine Rückkehr zu den frühen Idealen versteht, glaubt Reece eher an die künstlerische Verarbeitung und den Blick nach vorn. Tatsächlich schwebt die Platte ziemlich genau zwischen dem Gestern und Morgen der aktuellen Rockmusik. So werden alle perfekt bedient: die Traditionsfans, die sich noch mal den großen Noise-Wurf wünschten, die dank Pop-Annäherung zuletzt hinzugekommenen Verehrer und auch die progressiven Stimmen, die erwarten, dass sich diese Band immer wieder neu erfindet. Mehr konnten sie definitiv nicht leisten.
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