Anohni And The Johnsons
My Back Was A Bridge For You To Cross
Bei der Besetzung und stilistisch hat das Projekt einigen Wandel erlebt: Weit war das explizit politische und experimentell-elektronische Anohni-Soloalbum “Hopelessness” (2016) vom akustischen Kammerpop der 00er Jahre entfernt. Mit “My Back Was A Bridge For You To Cross” tritt Anohni nun wie ausgewechselt auf die Bühne. Schuldgefühle, Wut und Trauer angesichts von Krisen und Ungerechtigkeit auf der Welt weichen einer kämpferischen Energie und neuen Erdigkeit. Im subtil orchestrierten Appell “It Must Change” und in der widerständigen Hymne “Can’t” präsentiert sich die New Yorkerin als ausdrucksstarke Soul-Performerin.
Auch im grandiosen Soul-Rock von Rest ist von früherer Zerbrechlichkeit wenig übrig: Anohni stemmt sich gegen die aufbrandenden E-Gitarren und verströmt den Geist von Aktivist:innen, wie der auf dem Cover abgebildeten Dragqueen Marsha P. Johnson. Laut und dissonant heulen die Gitarren auch in “Go Ahead” und “Scapegoat” auf, doch tarnt Anohni die Brutalität ihrer Zeilen zum Teil mit zärtlichem Crooning. Schwelgerisch wird es im jazzig-karibisch angehauchten “Why Am I Alive Now”. Aber es sind die Reduktion einerseits und die Rauheit andererseits, die “My Back…” so eindringlich machen. Wenn Anohni in “You Be Free” zur einsamen Gitarre eine Vorkämpfer:in zu den Folge-Generationen sprechen lässt, hallen ihre Worte lange nach.
Das steckt drin: Michael Kiwanuka, Lambchop, Moses Sumney