Post-Grunge, Post-Rock, Post-Punk – es kann schon mal undurchsichtig werden im Dickicht der Kategorien. Vielleicht fährt man einfach am besten damit, wenn man die Musik von Anoraque als ergebnisoffenen und abwechslungsreichen Alternative-Rock bezeichnet, der gerne in dunkle Nischen leuchtet. In einer davon steckt zum Beispiel Sängerin Lorraine Dinkel, die auf “If” klingt, als würde sie gerade ein Spinnennetz weben, nur um anderswo über komplexe Gitarrenfiguren zu quietschen. Der Band hört man die Art von Expertise an, die man in England auch mit dem Begriff des Anoraks verbindet: Menschen mit Einsiedler-Hobbys wie Trainspotting oder Ornithologie, bei denen die Enthusiasten halt im Anorak unterwegs sind. Auch thematisch haben sich die Musiker allerhand auf den Teller geladen: “D A R E” handelt angeblich von Depression, Krankheit, Bodyshaming und Versagen, und dass in den 16 Songs tatsächlich etwas auf dem Spiel steht, schnallt man auch, ohne die englischen Texte verstehen zu müssen. Es ist eine abenteuerlich zerklüftete Platte, auf der sich Abgründe mit Inseln der Hoffnung abwechseln, aggressive Abschnitte mit Notwist-mäßigen Kuschelpassagen. Am reizvollsten ist jeweils der Kontrast zwischen Dinkels etwas weggetretener Stimme und dem Federbett, das ihr die Band in poppigeren Songs wie “Formulate” und “Happy Happy Joy” Joy aufschüttelt. Ein Wermutstropfen: D A R E ist bis auf weiteres nur digital erhältlich.