Antilopen Gang
Alles muss repariert werden
Text: Julian Zwingel | Erschienen in: VISIONS Nr. 378
Wie macht man weiter, wenn man wie Danger Dan solo unbeabsichtigt zum Konsenskünstler wird? Dan bricht erstmal mit den Erwartungen und kehrt zu seiner Band zurück. Da sich die Antilopen Gang schon immer über das Unterlaufen von Erwartungen, Abgrenzung zur Gesellschaft und nicht zuletzt auch zur eigenen kulturlinken Herkunft definierte, ist die Rückkehr in die Nische, die längst keine mehr ist, folgerichtig.
Nicht nur in diesem Sinne ist auch die so bittere wie berührende Single “Oktober in Europa” zu hören. Mit ihrem Stück über Antisemitismus nach dem 7. Oktober hat die Band eine Kontroverse ausgelöst, auf der Albumversion unterstützt sie Sophie Hunger. Neben den typischen Abgrenzungszwängen und Abgesängen dominieren auf “Alles muss repariert werden” melancholische und resignative Klänge. Dafür gibt es Gründe: die politisch finsteren Zeiten etwa oder der Tod von Weggefährten wie Torsun Burkhardt von Egotronic, den Koljah in “Rannte der Sonne hinterher” betrauert und via Zitat auch das 2013 verstorbene Antilopen-Gang-Mitglied NMZS wieder ins Hier und Jetzt holt.
Bei so viel Berührendem fällt die Selbstbeweihräucherung “Direkter Vergleich” gar nicht so ins Gewicht. Virtuoser waren die Drei seit jeher in der Selbstbeschimpfung wie in “Sympathie für meine Hater”. Viele der neuen Songs drehen sich implizit oder explizit um das Thema Abschied. Zwar kokettiert die Antilopen Gang immer wieder mit dem Abschied, dieses Mal fühlt es sich aber so an, als könnte die Band tatsächlich „Tschüss“ sagen.
Ein Kunstgriff in diesem Sinne ist der Reggae “Wenn das hier vorbei” ist, in dem Koljah, Danger Dan und Panik Panzer witzig und fröhlich über das Ende ihrer Gang fantasieren, nur um mit dem nächsten Stück das möglicherweise nächste Kapitel aufzuschlagen: ein Punkrockalbum, das musikalisch an frühem Punk und textlich an den eigenen Themen anknüpft.
Textlich lappen die atmosphärisch sehr viel leichteren Punkrock-Songs eher ins Politische, Ironisch-Witzige und Absurde. Highlights sind schroffe Stücke wie “Aal” oder auch “Oberbürgermeister”. Wer Antilopen-Gang-Konzerte kennt, weiß dass die eh nie blütenweiße HipHop-Weste immer öfter gegen den musikalischen Nietengürtel getauscht wird. Also, quo vadis, Antilopen Gang? Ruhestand? Weiter als Exot im HipHop-Dschungel oder doch Sprengmeister im Steinbruch des Punks? Und ist das in der eklektischen Crossover-Welt der Antilopen Gang überhaupt eine sinnvolle Frage?
Das steckt drin: Fatoni, Ramones, Terrorgruppe