Elbow
Audio Vertigo
Schon der erste Schlagzeugschlag des Openers “Things I’ve Been Telling Myself For Years” zeigt, dass das hier eine ganz andere Veranstaltung ist als der Vorgänger “Flying Dream 1” mit Guy Garveys zartem Falsett-Gesang. Elbow entscheiden sich ganz bewusst gegen ein Reflektieren des gegenwärtigen Weltschmerzes und für die Zerstreuung im Leichten und Schönen. Damit öffnen die Indierocker aus Manchester eine Tür in ihrem musikalischen Schaffen, an der sie bisher immer vorbeigegangen sind. Dahinter verbirgt sich ein Tanzsaal und jede Menge Spielfreude. Freude, die man entwickelt, wenn durch jahrelange kreative Zusammenarbeit Grundlagen zu Selbstläufern werden.
So regiert von Beginn an der Groove auf “Audio Vertigo”: Die Rhythmusgruppe, bestehend aus Session- und Tourdrummer Alex Reeves’ Beats und Peter Turners Bass, reicht die passenden Eröffnungshäppchen, Gitarrist Mark Potter steigt ein, lässt einen einzelnen Akkord stehen, um den sich Garveys Stimme schlängelt, während Keyboarder Craig Potter subtile Akzente im Strophenfundament setzt. Von da an geht es Schlag auf Schlag: fantastische Bläserfurore in “Lover’s Leap”, leider beinahe erstickt durch Garveys unnötig verzerrten Gesang, gefolgt vom 27-sekündigen Akustikscherz “(Where Is It)”, indem die Band offenbar ihren Drive sucht, der aber schon einen Song weitergerannt ist und im maximal tanzbaren “Balu” darauf wartet, dass Potter die Akustikgitarre wieder weg- und die Elektrische auspackt und noch ein paar deftige Bläser für später mitbringt.
Die Attitüde dieses Songs erinnert an die Editors auf ihrem Album “Violence” und die Vermählung von Rock, großen Synthie-Gesten und Melodiebögen. Gesetzter geht es dann auf “Her To The Earth” zu, das unwiderstehlichen Funk aus Bass und Stakkato-Orgelsounds in den überlappenden Gesang einwebt. Der geht im Songverlauf in erhebender Zweistimmigkeit auf, die Garvey sehr viel besser steht als das Autotune-Malheur in “Lover’s Leap”. Das folgende “The Picture” wird durch ein an The National erinnerndes Schlagzeug angetrieben, biegt dann aber in eine ganz andere, verspielte Richtung ab, als würden Elbow in einer Indie-Vintage-Klamottenkiste kramen und ihren ganz eigenen Look daraus zusammenstellen. “Poker Face” kommt noch am ehesten an die Verletzlichkeit der Vorgängeralben heran, paart diese aber mit einem erstaunlich leichtfüßigen Bluesunterbau. Spätestens da wird klar: Wenn Elbow diese neue Spielwiese für zukünftige Alben weiterbeackern, steht uns Großes bevor.
Das steckt drin: Editors, Sly & The Family Stone, Stereophonics
weitere Platten
Flying Dream 1
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