Bad Breeding
Human Capital
Text: Jonas Silbermann-Schön
Das ist ziemlich beeindruckend, da man die Agenda hinter Chris Dodds entrücktem Geschrei kaum entschlüsseln kann. Die Noise-Lawinen seiner Kollegen sind so brutal, präzise und wendungsreich, dass seine darunter begrabenen Parolen nur die Grundstimmung festlegen. Die eigentlichen Anliegen der Band formuliert eh Bandpartner Jake Farrell im beiliegenden Essay: “Unsere Solidaritätsmuskeln sind verkümmert
– verkümmert zusammen mit den großen Geschichten, die sich unsere Gesellschaften über den Sinn des Lebens zu erzählen pflegten. Aber
es gibt immer noch Möglichkeiten, sie wieder zu trainieren, schreibt er etwa. Prägnanter ist da Bad Breedings musikalische Attacke auf die konservative Leistungsgesellschaft und den Neoliberalismus: Ihr zermalmender Hardcore ist zwar weniger tollwütig als auf dem Vorgänger “Exiled”, aber meist noch nah an Discharges Crust-Punk. Mit “Joyride” und “Rebuilding” schielen sie aber auch mit einem Auge in Richtung zeitgenössischer Post-Punk. Für echte Zugehörigkeit scheren sich die Briten jedoch viel zu wenig um Popularität oder Vintage- Outfits. Angesichts Hunderttausender, die zum Thronjubiläum der britischen Königin den Imperialismus feiern, während Arbeiterstädte und das Sozialgefüge in Großbritannien zu Grunde gehen, könnte “Human Capital” kaum aktueller sein.