Bad Nerves
Still Nervous
Wie sie sich die Coolness und den Look von den Ramones und The Strokes zu eigen machen, ist auch auf ihrem zweiten Album nicht superoriginell. Dass die Londoner aber seit vergangenem Jahr eine durch Edelfans wie Billie Joe Armstrong, Justin Hawkins und Royal Blood losgetretene Hype-Welle surfen dürfen, steht ihnen dennoch zu. So effizient wie Bad Nerves haben zuletzt vielleicht Fidlar vor über zehn Jahren auf ihrem Debüt mit drei Akkorden um sich geschmissen – oder eben Wunderkind Jay Reatard, den Sänger Bobby Bird auch als größten Einfluss auf den LoFi-Appeal seiner süchtig machenden Hook-Monster nennt.
Zugegeben, bei “Still Nervous” war die Gefahr groß, sich selbst zu kopieren. Die Frage nach dem schwierigen zweiten Album stellt sich bei Bad Nerves aber gar nicht, Bird hatte noch so viele Ideen, dass er das Debüt bei den Solo-Demoaufnahmen im von seinem Vater eingerichteten Garagen-Studio einfach weiterdachte. Entsprechend rasen “Don’t Stop”, “Antidote” und die verzerrte Anti-Hymne “USA” direkt los und gehen noch schneller in die Blutbahn als die eh schon kurzweiligen Zuckerbomben der ersten Platte.
Dann folgt die große Frechheit: Mit “Sorry” erlauben sich Bad Nerves ihren ersten dreiminütigen Song und zerlassen auf der reumütigen Krachballade obendrein noch ein dickes Stück Cheap Trick-Butterschmalz. Ähnlicher Tricks bedienten sich auch Green Day zuletzt immer wieder, endeten damit aber im Baseball-Stadion – Bad Nerves lassen dank Scheppersound keine Peinlichkeiten zu, selbst wenn Bird “Oh, baby help me understand” oder “I’m sorry, baby, I was awful” schmachtet – mit einem Augenzwinkern hinter der Sonnenbrille wohlgemerkt.
Im vierminütigen “Television” brechen sie schließlich mit der Formelhaftigkeit und liebäugeln kurz mit dem Größenwahn von King Gizzard, allerdings ohne regenbogenfarbenes Ergebnis beim Drogentest. Höchstens liebestrunken, gibt sich Bird als ausgewiesener Beatles-Liebhaber, wenn er in “Alright” in die nächste Beziehungskrise reinschlittert. Insgesamt “Too Lazy To Love” im Gegensatz zu “Too Drunk To Fuck”. Dennoch kein unnötiger Gefühlsdusel bei einer Band, die sich seit sechs Jahren um Kopf und Kragen spielt, dabei auf die eigenen Finanzen scheißt und mit der Brechstange versucht, ihren Traum zu leben, bevor irgendwann die Lichter ausgehen: “Es geht darum, in den Spiegel zu schauen und sich selbst zu fragen, ob man den Mut hat, den Scheiß zu machen, den man machen will”, so Bird. In diesem Sinne: Weitermachen!
Das steckt drin: Ramones, Jay Reatard, Wavves