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    Julien Baker
    Turn Out The Lights

    VÖ: 27.10.2017 | Label: Matador
    Text:
    Julien Baker - Turn Out The Lights

    Ihr Grundfesten erschütterndes Debüt war Julien Baker quasi „passiert“, den Nachfolger hat die blutjunge Singer/Songwriterin bewusster entworfen – mit mehr Instrumenten und einer voluminöseren Produktion.

    Darüber darf man heimlich ein ganz klein wenig traurig sein: “Turn Out The Lights” ist das Dokument einer gewachsenen Künstlerin nach dem Hype, die ihre künstlerische Identität aktiv in die eigenen Hände nimmt. Vielleicht lässt deshalb auf der neuen Platte kein Song in solch gläserner Reinheit und vollkommener Verletzlichkeit in Bakers Seele blicken, wie auf “Sprained Ankle” (2015) etwa das spektakuläre “Rejoice”. Nur: Noch purer als solch emotionales Maximum wäre ohnehin nicht mehr gegangen. “Turn Out The Lights” geht deshalb in die entgegengesetzte Richtung: Das Songgerüst bilden nicht mehr nur Schichten von Bakers Chorus-beladener Telecaster und ihre verhallte Stimme, wiederholt wird das Klavier zum Anführer, dem sich die Fingerpicking-Gitarre unterordnet. Schon das Piano- und Geigen-Intro “Over” deutet diese instrumentale Wachablösung an, in der ersten Single “Appointments” übernimmt dann nach der Hälfte des Songs das Klavier die erste Stimme. “Turn Out The Lights” klingt dadurch voller, etwas theatralischer und dank eines feinen, organischen Elektronennebels auch homogener als der Vorgänger. Diesen Eindruck stützt Baker, indem sie immer wieder ihre Stimme wie einen kleinen Chor über- und nebeneinander legt – das Album nickt öfter in Richtung Gospel als die früheren Arbeiten der gläubigen Christin. Sowieso hört man die künstlerische Evolution an der Stimme: Öfter weicht der feine Kristallgesang einer festen Intonation, die ersten vier vollwertigen Songs enden gar auf einem Schrei Bakers, der flehentlich und triumphal zugleich die Erlösung beschwört – und der etwa im Titeltrack gleichermaßen im brausenden Sound aufgeht, wie schon ihr Gastbeitrag in Touché Amorés “Skyscraper”. Natürlich gibt es auch jene kleinen, besonderen Momente, auf die es bei Baker immer ankam: Bei “Sour Breath” steht mittendrin plötzlich ihre Stimme ganz nackt und schön allein im Raum, und “Shadowboxing” ist so nah produziert, als sei es im Kopf des Hörers aufgenommen worden. Inhaltlich bleibt die Künstlerin bei intimen Zwiegesprächen mit geliebten Menschen und ihren Dämonen, “Turn Out The Lights” fühlt sich dahingehend aber nach mehr „wir“ als „ich“ an, nach mehr Mitgefühl und Gemeinschaft, als es dem auf sich zurückgeworfenen “Sprained Ankle” möglich war. Wollte man es auf eine Formel bringen, ist “Turn Out The Lights” vor allem: mehr Julien Baker, in jeder Hinsicht. Das kann man nur bejubeln.

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