Becca Mancari
The Greatest Part
Text: Markus Hockenbrink
“I remember the first time my dad didn’t hug me back”, singt die US-Amerikanerin, und ihre Stimme trifft genau den beiläufigen Tonfall, der den dazugehörigen Song so kraftvoll macht. “The Greatest Part” ist laut Mancari ein Album der schmerzhaften Selbstfindung geworden, dem das erstaunliche Kunststück gelingt, seine Hörer trotz aller Intensität mit
Deprimierendem zu verschonen. Stattdessen verblüfft die LP auch musikalisch mit unaufdringlicher Raffinesse. Die meisten Songs dauern nur zwei bis drei Minuten, kreisen um ein stabiles bis schnörkelloses Songwriting-Gerüst und lassen dazu allerhand ausgefallene Ideen springen. Mal ist es ein lässiges E-Gitarren-Solo, mal ein zaghafter Dance-Groove und mal ein Fuzz-Anfall aus heiterem Himmel. Ähnlich wie bei ihren (ebenfalls lesbischen) Kolleginnen Marika Hackman und Lucy Dacus lässt die in Nashville beheimatete Sängerin ihre Tür einen Spaltbreit für Country- und Americana-Einflüsse offen, auch traditionell eine musikalische Heimat für Mancaris Tagebuchtexte. Die sind in der Regel knapp und suggestiv gehalten und profitieren stark vom unaufgeregten Vortrag. Zeilen wie “Forgiveness is the hardest part when it’s buried in your blood” kann man schätzungsweise fünfmal überhören, bis sie einen dann mitten in die Wirbelsäule treffen.
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Left Hand
VÖ: 25.08.2023