Denn zusammen mit dem Titeltrack veröffentlichte Booker vorab ein Statement, in dem er seine Suche nach Inspiration südlich der Grenze skizzierte und über die Herkunft des Albumtitels aufklärte: “Witness stellt zwei Fragen, die sich meiner Meinung nach jede Person in Amerika stellen sollte”, heißt es da. “Werde ich ein Zeuge sein? Und ist das in der heutigen Welt noch genug?”. Man braucht Bookers vorangehenden Ausführungen über Alltagsrassismus nicht unbedingt zu kennen, um zu ahnen, was und wen er meint. Eine Antwort auf die Frage, ob Augenzeuge des American Way Of Life zu sein, derzeit mehr denn je bedeutet, dem Absturz in ungeahnte Tiefen beizuwohnen, hat er zwar nicht. Aber er hat mit “Witness” eine musikalische Chronik geschaffen, in der er Angst und Frust in großartig unbequeme Songs gießt, die von extremen Kontrasten leben: Chaotischer Garagenrock im Opener Right On You steht neben dem lässigen Motivation und dem zentralen Titeltrack, der Gospelchöre und die Stimme von Mavis Staples mit knurrenden Fuzzbässen zu einem eindringlichen Statement mit entsprechendem Text verbindet. “Am I gonna be a witness?”, fragt Booker hier; in Carry legt er Zeugnis ab: “Feels like the roof?s caving in”. Der sumpfige Bluesrocker “The Slow Drag Under” klingt schon vom Titel her nach Untergang und die Klage “It?s hard to see the world inside a cage” wie von einer alten Blueslegende vorgetragen. Eines ist am Ende klar: Die Frage, ob er mehr als nur Zeuge sein will, hat Booker längst mit einem Ja beantwortet.
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