Die Drei verfolgen einen bestimmten Look, sind eine bestimmte Marke und sehr erfolgreich, sagte Biffy-Clyro-Tourgitarrist Mike Vennart vor einem Jahr im VISIONS-Interview über die drei Schotten, die ihn seit 2010 regelmäßig mit auf Tour nehmen. Mit Anzug, Hemd und grauen Haaren gehört der ehemalige Oceansize-Gitarrist schon rein äußerlich nicht zum stilbewußten, auf Shirts verzichtenden Trio, dessen Schwarzweiß-Video zur aktuellen Single Animal Style untermauert, dass sie sich ihrer Marke bewusst sind: Simon Neil, James und Ben Johnston spielen und posieren zum Song erst adrett gekleidet und relativ gesittet, bevor ihre tätowierten Oberkörper zum Vorschein kommen und sie ihre Instrumente zerlegen. “Ellipsis” trägt diesen Style offensiv auf das ansonsten komplett weiß gehaltene Cover: Das nackte, tätowierte Trio in Embryo-Stellung, das darüber nicht das Schreiben von guten Songs vergessen hat – zum Glück.
Einen siebten Sinn für große Melodien hatten die drei Jugendfreunde schon immer. Auf ihren ersten drei Alben paarten sie diesen mit lauter, harter und frickeliger Gitarrenmusik, was sie für Mathrock-, Emo-, Posthardcore- und Indie-Hörer gleichermaßen interessant machte. Ihr viertes Album “Puzzle” stellte einen Übergang dar, der Biffy Clyro mit Major-Label, großer Produktion und etwas eingängigeren, geradlinigeren Songs den ersten großen Erfolg bescherte. Mit ihrer Offenheit für Pop gewannen die Schotten in der Folge viele neue Fans, mit “Opposites” unternahmen sie 2013 sogar den Versuch, alte und neue Anhänger unter einen Hut zu bringen. Mit “Ellipsis” wird ihnen das nicht gelingen, weil es Biffy Clyros Entwicklung nicht stoppen möchte. Das Album umfasst Pop-Melodien und tief verwurzelte Wucht.
Daran lässt der Opener und die erste Single “Wolves Of Winter” keinen Zweifel: Etwas Mystik im Intro, abgehackte Gitarrenriffs und Rhythmen, ein hymnischer Refrain mit einer Prise Garstigkeit in der Stimme – fertig ist eine glasklare, großartige Biffy-Hymne. Über das nachdenklich gut gelaunte “Friends And Enemies”, das in Riffs und Refrain tolle Melodien offenbart, und das mit Indie-Disco-Beat untermalte “Animal Style” gelangen Biffy Clyro zur schmeichelnden Pop-Nummer “Re-Arrange”, die den Begriff Rockband ebenso weit fasst wie das kitschige “Small Wishes”. Zwei Songs, die sicherlich an Biffy Clyros Soundcheck-Thron gesägt haben, die aber von den anderen elf Songs abgefedert werden, die bleibende Melodien und Charakter haben, insgesamt aber etwas leiser und geschliffener ausfallen als noch vor 15 Jahren. Wer möchte es der Band verübeln? Zumal mit “On A Bang” eine weitere rasend schnelle, schreiende Ausnahme auf “Ellipsis” vertreten ist. Man kann von Biffy Clyros Entwicklung halten, was man möchte – die drei Schotten machen mittlerweile fast so wenig falsch wie die Foo Fighters, auch ohne T-Shirts.
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