“Stuck in a crisis without conscience, trapped in a place we dont belong”, leitet Sänger Ben Kowalewicz das straighte “Reckless Paradise” ein und beschreibt damit sehr genau, wie es zahlreichen Billy Talent-Fans in den vergangenen zwei Jahren ergangen sein dürfte. Die Pandemie hat viele Menschen an ihre psychischen und physischen Grenzen getrieben. Billy Talent waren zumindest gezwungen, die Veröffentlichung von “Crisis Of Faith” immer weiter nach hinten zu schieben. Obwohl das Album sich nicht speziell auf die fortwährende Krise bezieht, ist es doch erschreckend nah am Puls der Zeit. “Crooks and deceivers/ Misled believers/ Our worldwide decency is gone”, heißt es im knallig-dramatischen “Reckless Paradise” weiter. Und dann: “I know that something has to change/ We got lost along the way.” Aber Billy Talent wären nicht Billy Talent, wenn sie nicht auch Hoffnung schüren würden, etwa in “I Beg To Differ (This Will Get Better)”, einer mitreißenden Underdog-Hymne, die thematisch auch auf dem Vorgängeralbum “Afraid Of Heights” (2016) eine gute Figur gemacht hätte: “When you feel so lost that you dont belong/ Well, I beg to differ/ As time goes on, this will get better”, schreit Kowalewicz im Refrain. Billy Talent spielen auf “Crisis Of Faith” viele gewohnte Stärken aus, im anderthalbminütigen “Judged” lassen sie ihre Punkrock-Vergangenheit zackig und laut aufleben. “Your hateful rhetoric is so carefree/ Why cant you see what it feels like to be judged for being born in your skin?”, heißt es hier kritisch. Doch das ist musikalisch nicht alles: Der Opener und Doppel-Song “Forgiveness I + II”, den Billy Talent schon Ende 2019 veröffentlicht hatten, erinnert zunächst mit seinen vertrackten Gitarren an Tool – und präsentiert die Band im zweiten Teil plötzlich von einer ruhigen, atmosphärischen Seite. Proggige Synthesizer treffen auf ein melodisches Jazz-Saxofon, das den Kanadiern einen merkwürdigen Charme verleiht. Und auch mit “End Of Me” zeigen sich Billy Talent experimentier- und spielfreudig: Der Song ist eine Ode an den Alternative Rock der 90er und markiert die erste Zusammenarbeit der Band mit Rivers Cuomo, der Kowalewicz gesanglich unterstützt und fröhlich-verzerrte Weezer-Gitarren mitbringt. Mehr im Ohr kleben bleibt nur das leichtfüßige “Hanging Out With All The Wrong People”, das mit seinem gleichnamigen Mantra im Refrain der Ohrwurm der Platte ist.
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