Bloc Party
Four
Text: Daniel Gerhardt | Erschienen in: VISIONS Nr. 234
Das Überraschende an am neuen Bloc-Party-Album ist nicht, dass es die Platte überhaupt gibt; Berichte über die Zerstrittenheit der Band und einen zwischenzeitlichen Rauswurf von Kele Okereke haben sich längst als taktische Lügen herausgestellt, mit denen Bloc Party die englische Presse auf Trab und sich selbst im Gespräch halten wollten. “Four” überrascht, weil es die Platte ist, die Bloc Party nie machen wollten: schnörkellos, ohne Elektronik und Protools, angeblich sogar weitgehend live aufgenommen. Nichts war der Band noch fremder, als sie vor fast genau vier Jahren das etwas bollerige und ungelenke “Intimacy” veröffentlicht hat, alles sollte damals verfremdet und gefiltert, die Leidenschaft verschleiert werden, wie Okereke später zugab. Seine gescheiterte Solokarriere als Elektro-Popstar war ebenso entmutigend, aber nun kommt “Four” mit “So He Begins To Lie” aus dem Startblock, einem Song, der im bisher größten und geradlinigsten Rockout-Moment von Bloc Party gipfelt. Das Vorantreiben der experimentellen UK-Rockmusik überlässt die Platte danach Bands wie These New Puritans, Wu Lyf und Alt-J, “Four” soll vor allem Stärke und Selbstsicherheit demonstrieren, die Körper seiner Erzeuger und ihre Muskeln hörbar machen. Die Songs sind deshalb einfach gestrickt und die Gitarren weit vorne im Mix – fast alles ist wie auf fast allen Rockplatten, nur dass die Band hin und wieder ein Studiogespräch zwischen den Stücken stehenlässt. Eigentlich ist “Four” also ein vorsichtiges Album. Bloc Party trauen sich wenig darauf, versichern sich aber wenigstens überzeugend, dass sie noch zusammen spielen können. In “We Are Not Good People”, dem möglicherweise stürmischsten Albumcloser des Jahres, erinnert das dann an “That Golden Rule” von Biffy Clyro, eine der wenigen Rockbands, die Bloc Party selbst in ihrer gitarrenfeindlichsten Phase noch gelten ließen. “Coliseum” und “3×3” (mit komischem Black-Metal-Zischen in Okerekes Stimme) sind ähnlich offensiv eingestellte Songs, “The Healing” klingt wie vom zweiten Foals-Album gefallen, und “Octopus” ist als erste Single ein ehrenwerter Versuch, an die ruhigeren Stücke von “Silent Alarm” und “A Weekend In The City” anzuschließen. Überwältigend klingt das alles vor allem im physischen Sinn – meistens sogar so sehr, dass man kaum merkt, wie wenig einprägsame Melodien Bloc Party für “Four” eingefallen sind. Leicht fällt dieser Platte wenig, zugeflogen kommt ihr schon gar nichts. Ihr Triumph ist, dass es sie gibt.
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