Wie das so ist bei tüchtig gehypten Brit-Acts, muss immer erst ein “großer Bruder” her, mit dem die Gehypten verglichen werden, ein Vorbild, an dem sie gemessen werden wollen. Und so landeten Bloc Party flugs im immer schneller überkochenden Topf der Franz Ferdinand-Nachzügler. Zeit jetzt, sie am Kragen zu packen und da herauszuziehen. Denn am Ende verbindet die beiden Formationen lediglich eins: die Vorliebe für den Talking Heads-Tanztrick. Der glimmert mit seiner Stakkato-HiHat nämlich äußerst gerne durchs Gesamtbild, feuert das Vorab-Schmakerl “Banquet” an oder das ganz wunderbare “Positive Tension”. Überhaupt verdanken Bloc Party ihrem Drummer Matt Tong einen gehörigen Teil ihrer hibbeligen, überschäumenden Energie. Aber da ist noch mehr: mächtige Melodien zum Beispiel. In den heftigsten Gitarrenausbrüchen stecken sie (etwa “Helicopter”), in jeder liebevoll gestrickten Strophe (exemplarisch “This Modern Love”), in jeder Textzeile von Ausnahmesänger und Sympathie-Frontmann Kele Okereke. Wenn jemand gleichzeitig so laut leiden und des Zuhörers Blick wieder nach vorne richten kann wie er, friert Musik die Zeit ein. Die Außenwelt verblasst und verstummt. Und dann ist da nur noch dieser Mann und seine Band. “Why can’t you be more European/ bastard child of guilt and shame/ bury your head in the sand/ I’m thinking six, six, six/ I’m thinking six/ are you hoping for a miracle?”, ruft Okereke in die Welt hinaus und man kann nicht anders, als verklärt dahinzuschmelzen oder die Welt komplett beiseite zu tanzen. Die ultimative Verschmelzung von Hot Hot Heat und den Smiths, und man weiß: Diese Musik wird einen noch lange begleiten. Dann plötzlich dieses Solo zum Ende von “Positive Tension”, das mehr mit Superchunk am Hut hat als mit Britpop: nach oben hin emotionsoffener Rock. Konterkariert mit echtem Mut zum Sanften, zum fast Gehauchten bei “Compliments” oder “Blue Light”. Alle Achtung! Und auch wenn die Spannung zum Ende hin abnimmt: Bloc Party sind erschreckend eigenständig und geben einen fantastischen Einstand. Dies hier ist die zweite Platte des Monats. Nichts weniger.
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