“Jenseits von Jedem” knüpft in der ersten Hälfte nahtlos an den Vorgänger “Testament der Angst” an. “In der Wirklichkeit” und “Alles macht weiter” sind Protestsongs, die wie “Armer Irrer” eine Sprache sprechen, die zu Recht mit dem linken Jargon der 70er Jahre verglichen wird. Eine Sprache, die so heute keiner mehr von sich gibt. Nicht mit dieser selbstverständlichen Versicherung, dass man immer noch eine Perspektive “dagegen” einnehmen darf, wenn diese auch stetig vom Comic Relief humoresker Momente aufgelockert wird. “Krankheit als Weg” kopiert nahezu die Melodie von “Eintragung ins Nichts” und erst der fürsorgliche Schulterklopfer “Neuer Morgen” und die fast expressionistische Anrufung “Der Sturm” läuten den zweiten Teil der Platte ein: das epische Titelstück, die kleine Utopie “Wir sind frei” als unfassbaren Ohrwurm, die Beschwerden-Collage “Jugend von heute” und eine herzzerreißende Ballade zum Abschluss, die Bob Dylan oder Reinhard Mey nicht strahlender hätten zupfen können. Um sich das klarzumachen: da singt einer zu sanfter, mit Saxophon, Querflöte, Trompete, Flügelhorn und Posaune ausgeleuchteter Gitarrenmusik über das Leben in der kapitalistischen Maschinerie, über Freiheit, Hoffnung, Utopie und Liebe. Dieses Werk ist besonders außerhalb des Diskurses der Fans und Berufsschreiber wichtig – da, wo Menschen einfach nur Musik hören und eine Ordnung verinnerlichen, in der selbst Emotionalität, Weichheit, Verletzlichkeit und altmodische Opposition sich in neuen Stereotypen erschöpfen, so dass vom “Emocore” bis zur “Hamburger Schule” das Abreißen einer Maske gleich das Aufsetzen einer neuen bedeutet. Seitenscheitel und Cordhosen, Gefühlslagen als Trademarks, Berechenbarkeit. In diese symbolische Ordnung tritt der altmodische Geselle Blumfeld, die Lichtgestalt aus Pop und Schlager, der Gipfel des uncoolen Menschen, der dich in jedem Fall anfasst, Kontakt knüpft und auch dann Reaktion provoziert, wenn seine Berührung eine peinliche ist.
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