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    The Bobby Lees
    Bellevue

    VÖ: 07.10.2022 | Label: Ipecac/Pias/Rough Trade
    Text:
    Schönheit
    The Bobby Lees - Bellevue

    The Bobby Lees treiben dem Rock’n’Roll wieder den Teufel ein. Das kostet den Garagepunks zwar ihren Verstand, aber so wild hat schon lange keiner mehr mit dem Leibhaftigen getanzt.

    “Shut up and dance”, befiehlt Sängerin und Gitarristin Sam Quartin in “Death Train” und widersprechen oder ihr gar zu nahe kommen, möchte man lieber nicht. Quartin verteilt verbale Rundumschläge, leidet, verzweifelt, spuckt Galle und klingt mindestens so besessen wie Voodoo-Hohepriester Screamin’ Jay Hawkins. Und der Rest? Der verpasst dem Punk-Blues von Jon Spencer, Produzent des zweiten Albums der Band aus dem Hippie-Mekka Woodstock, die bitter benötigte Frischzellenkur, nach deren Rezept der Genre-Architekt schon lange sucht. Nur der furchtlose Henry Rollins hat sich getraut und das Quartett zu Mike Pattons Label Ipecac gebracht. Dort kommen die vier bei Produzent Vance Powell (Jack White, The Raconteurs) unter, der ihnen zum Glück nicht die ölverschmierten Vintage-Arbeitshemden und Latzhosen ausreden konnte, aber zumindest etwas von Spencers Punk-Schmutz unter den Fingernägeln wegkratzte, sodass die bedächtige Laut-Leise-Dynamik in und zwischen den Garage-Explosionen mit mal mehr, mal weniger präzise gestimmten Fuzz-Gitarren zum Tragen kommt. Bei “Strange Days” gelingt das etwa mit asketischer Klavier-Untermalung und beim gemächlichen “Little Table” flüstert Quartin zu Americana und einer Geisterbahnorgel. Am besten lässt man The Bobby Lees aber wie im rasanten Opener und Titelsong “Bellevue” einfach von der Kette. Quartin bekämpft darin begleitend zum wahnwitzigen Drumming von Macky Bowman die Dämonen ihrer Vergangenheit. “Bellevue” ist nämlich nach einer psychiatrischen Klinik benannt, mit deren Patient:innen sie telepathisch kommunizierte – oder zumindest dachte sie das, als ihre geistige Gesundheit infolge ihres Alkoholkonsums eine Zeit lang außer Kontrolle geriet. Sie wurde nüchtern und verarbeitet ihre Erlebnisse nun entsprechend nihilistisch in Texten, die sich meist um Kontrollverlust drehen. In “Monkey Mind” geht es mit manischem Geklimper und sumpfigen George-Thorogood-Licks darum, dass die Stimmen in ihrem Kopf zu laut und gemein sind; ein Schreigespräch von Quartin mit sich selbst. Nur im instrumentalen “Mystery Theme Song” verstummt sie und bewirbt sich mit schwerem Surf für den nächsten Film von Quentin Tarantino. Und wenn sich Quartain in der Amyl-And-The-Sniffers-artigen Peitsche “Greta Van Fake” unter Kotzgeräuschen auch noch zurecht als Szenepolizistin gibt, bleibt kein Zweifel, dass Rock’n’Roll und Punk in den Händen von The Bobby Lees diabolischer denn je wirken.

    weitere Platten

    Hollywood Junkyard (EP)

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