Bonjour Tristesse
Your Ultimate Urban Nightmare
Text: Sebastian Berlich
Schon der Titel “Your Ultimate Urban Nightmare” macht keinen Hehl daraus, dass es bei dieser Charakterisierung einer Gesellschaft im Endstadium bisweilen plakativ zugeht. Nathanael, einziges festes Mitglied des Projekts, reiht sich textlich in rund 100 Jahre Gegenwartskritik ein, beschreibt die Versklavung des Subjekts im Verwertungszyklus, die Entfremdung des in der Großstadt zum Gespenst gewordenen Menschen von seinem Umfeld und die Zerstörung des Planeten im Namen der maschinenverliebten Gewinnmaximierung. Heretoir-Kollege Eklatanz artikuliert diesen geballten Weltschmerz angenehm kehlig, wiederholt auch in erstaunlich nüchternem Sprechgesang. Nicht der einzige Punkt, in dem sich Bonjour Tristesse sieben Jahre nach ihrem monotonen Debüt vom Regelwerk des elegischen Depressive Black Metal emanzipieren.
Wo der eröffnende Titeltrack noch effektiv, aber insgesamt zu abgehackt Blastbeats, sphärische Post-Rock-Gitarren und Metal-Riffs
zusammendenkt, blickt bereits das schleppende “Alienation” angemessen verstohlen in Richtung Gothrock und bereichert damit die Palette zur Verfügung stehender Sounds und Stimmungen. “Your Ultimate Urban Nightmare” überzeugt vor allem in Gänze, wenn die für sich bereits funktionierenden Kontraste ineinandergreifen, das sphärische Klavierstück “Another Night In Bullshit City” ebenso gelingt wie das groovende “Wavebreaker”. Da ist selbst der Umstand, dass der Closer “The End Of The
World” ein wenig zu nah am neuromantischen Kitsch liegt, lediglich eine kritische Fußnote wert.
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The World Without Us
VÖ: 18.10.2024