Bonnie "Prince" Billy
Keeping Secrets Will Destroy You
Text: André Boße / Jan Schwarzkamp | Erschienen in: VISIONS Nr. 365
Reduziert, traditionell, zeitlos: ein Album mit ruhigen Folksongs.
Vor fast 25 Jahren entschied sich Will Oldham nach einigen Häutungen für das Pseudonym Bonnie “Prince” Billy und veröffentlichte mit “I See A Darkness” sein definitives Statement, ein Album mit Liedern getüncht in düsterem Humanismus, der Titelsong geadelt von Johnny Cash. Seitdem ist viel passiert, auch im Leben von Oldham, aber was genau, das weiß man nicht, denn in dieser Hinsicht verschließt er sich. Auch seine neuen Lieder geben keine Antworten, und wenn, dann sieht es so aus, als sei alles wie immer: “In Behold! The Held!” singt Oldham, er würde am liebsten den ganzen Tag Musik machen, “Sing Them Down Together” ist eine Einladung zum gemeinsamen Singen – wobei diese Tätigkeit generell dafür steht, sich zusammenschließen, um gegen die Einsamkeit und Ohnmacht anzugehen. Die Musik ist puristisch, unterstützt von Streichern, den großartigen begleitenden Gesängen von Dane Waters. Ein Stück wie “Queens Of Sorrow” klingt so vertraut, dass man zweimal nachschaut, ob es sich um ein Traditional oder ein Lied aus einem tschechischen Märchenfilm handelt. Tut es aber nicht: Oldham perfektioniert auf “Keeping Secrets Will Destroy You” seine Rolle als Märchenonkel, der weiß, dass es ihm nicht guttut, Geschichten länger als nötig mit sich herumzuführen.
André Boße
Bonnie “Prince” Billy grummelt sacht zu einer Minimalinstrumentierung vor sich hin. That’s it.
Warnend und programmatisch ist der erste Song betitelt: “Like It Or Not”. Wer Oldhams Album lieben oder wenigstens mögen will, sollte einen innigen Hang zu reduziertem Country-Folk mitbringen und idealerweise zu schätzen wissen, was Oldhams Billy-Alter-Ego auf bisher circa 38 Alben so getrieben hat. Spoiler: meist ähnliches wie hier, gelegentlich jedoch besser, etwa auf seinem Klassiker “I See A Darkness”. Klar, zeitlos darf man das nennen, was Oldham mit wechselnden Ensembles wieder und wieder fabriziert. Gnadenlos verstaubt und schmerzhaft urig könnte man es auch nennen. Musik für knorrige weiße Männer, die mal wieder was spüren wollen. Country-Romantik mit Herzblut und existentialistischem Weitblick vor einem Setting aus wehendem Tumbleweed in der weiten Landschaft. Wobei: Das mit dem Tumbleweed ist schon zu actiongeladen für Oldhams akustisches Minimal-Setting, das so dezent ist, dass man ständig darum bangt, dass die Bratschistin vom Hocker kippt oder Oldham vor dem Mikro einpennt. Etwa, wenn die letzten Worte in “Blood Of The Wine” aus seinem Mund bröckeln. Dafür ist er hellwach für den grandiosen Refrain von “Crazy Blue Bells”: “Ding dong/ Ding dong/ Ding dong ding ding dong…”. Bruder Jakob lässt grüßen.
Jan Schwarzkamp
Das steckt drin: Trembling Bells, Townes Van Zandt, James Yorkston
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