Dieses Selbstbewusstsein steht dem kultisch verehrten Tokyoter Trio ziemlich gut, das wird im Laufe der energetischen Opener “Melody” und “Vanilla” schnell klar. Die beiden Songs stellen mit Entschiedenheit und Uptempo nicht nur recht konventionelle, sondern auch charmante Popsongs dar, die lediglich in ihren extrem heruntergestimmten Gitarren erahnen lassen, was noch folgt. “Noise” sei die womöglich beste Visitenkarte, sagen Boris, wenn jemand nach Orientierung in ihrem Kosmos aus Doom, Hardcore, Noise, Sludge und Psychedelia sucht. So ist es nur konsequent, dass die erste Hälfte von “Noise”, mit der zerbrechlichen Ballade “Ghost Of Romance” und dem dramatisch langsamen “Heavy Rain” als einladendes Portal funktioniert, das sich erst in der Folge bedrohlich hinter einem schließt. Dann nämlich, wenn das hypnotische, 18-minütige “Angel” das verstörend wandelbare Gesicht von Boris zeigt. Letztlich bleiben Atsuo, Wata und Takeshi alles andere als eindeutig. Ihre Waffe ist die Verweigerung. So wird aus dem positiven Rockalbum innerhalb weniger Minuten eine Tour de Force aus noisigem Schamanengesang und Doom, der mit “Quicksilver” schließlich in atemloses Hardcore-Geknüppel gipfelt: zehn Minuten, die noch mal richtig an den Nerven zerren. Boris-Fans werden “Noise” ihren Freunden empfehlen und großen Spaß an dieser Geschichtsstunde haben. Alle anderen bekommen Frontalunterricht im System Boris, das mit dem Ignorieren von Genregrenzen beginnt und mit dem Kapitel Sich für nichts zu schade sein, ohne rot zu werden noch lange nicht endet.
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