Bright Eyes
Down In The Weeds, Where The World Once Was
Text: Markus Hockenbrink
Manchmal ist das Private wie das Politische, nämlich scheiße. Das kann sogar Conor Oberst passieren. Vor ein paar Jahren verstarb sein Bruder, 2019 trennte sich seine Frau von ihm, und in diesem Februar wurde er auch noch 40. Glücklicherweise haben Bright Eyes und Obersts vibrierende Stimme schon immer geklungen, als wackelten die Wände, um all den Wahnsinn außen vor zu lassen, und “Down in The Weeds…” macht nach neun Jahren Abstinenz nahtlos weiter, wo das Trio damals aufgehört hatte. Der Opener, eine Quatschnummer mit Kneipenambiente und Obersts Ex-Frau als Platzanweiserin, verspricht “your most vivid nightmares”, und dann geht es auch schon los mit dem heiteren Weltschmerz. Die Geschichte, um einen früheren Plattentitel zu zitieren, ist immer noch in der Erde vergraben, weshalb man sein Ohr nach wie vor an den Boden legen muss. Dann hört man es aber umso deutlicher: “The world is waving goodbye”. In seinen besten Songs gelingt es Oberst – der hier die Songtexte spendiert –, das persönliche Unwohlsein in eine zeitgenössische amerikanische Kulisse einzubauen, die auch anderen Menschen bekannt vorkommen könnte. In “Just Once In The World” etwa klingen der Bankencrash, die Drogenmisere und die bröckelnde Infrastruktur an, die der Sänger wie ein trauriger Cowboy mit Kopfschütteln quittiert. Ein bisschen hört sich das an, als würde er späteren Generationen vom Fall einer verantwortungslosen Zivilisation berichten, deren Hochmut er nie geteilt hat. Ganz im Gegenteil: Oberst beschäftigt sich gerne und öffentlich mit alternativen Energien, alternativen Gesellschaftsformen und dem Leben der amerikanischen Ureinwohner, um sich dort Hinweise für eine bessere Welt zu holen. Doch stringente utopische Songs gelingen auch ihm nicht. Zwar ist “Down In The Weeds ” mit seinem dezenten Orchestereinsatz, den Trompeten, den Mandolinen und dem Dudelsack einerseits das bislang schillerndste Bright-Eyes-Album geworden, andererseits liegt eine Menge Staub auf dem Glanz. “Life is a solitary song” heißt es etwa auf “Tilt-A-Whirl”, einer Ode an den toten Bruder: “No-one to clap or sing along/ It sounds so sweet and then it’s gone”. Mit der Lebenserfahrung, so der Tenor, schwindet nicht die Allergie auf die schmerzhaften Verhältnisse, sondern nur der stürmische Furor. Zumindest ästhetisch ist das nicht schlecht, denn an derselben Stelle erblüht eine geschundene Schönheit.
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