Bully
Lucky For You
Die Liebe eines Hundes ist, so zumindest die menschliche Wahrnehmung, bedingungslos. Ein Hund lässt einen nicht fallen, wenn man sich mal betrunken danebenbenimmt oder miese Phasen hat. Dass der Verlust von Mezzi, der Hündin von Alicia “Bully” Bognanno, Spuren auf “Lucky For You” hinterlassen hat, überrascht also nicht.
Zumal Bognanno miese Phasen zu Genüge kennt: Vor einigen Jahren wurde bei der Frontfrau und dem einzigen Dauermitglied von Bully eine bipolare Störung diagnostiziert. Diese hat entscheidenden Anteil daran, dass Bognanno hier über einem brodelnden Noise-Stampfer skandiert: “I’m too hard to love!” Nicht zu schwer zu lieben für Mezzi, versteht sich. Die Hündin hat im Musikvideo von “Hard To Love” einen Blitzauftritt und ist auch in “Days Move Slow” verewigt. “I’m living in the same black hole/ But there’s flowers on your grave that grow”, singt Bognanno und ringt erneut um jene (Selbst-)Akzeptanz, die ihr sonst nur ihre vierbeinige Gefährtin gegeben hat: “I’m tired of trying to prove my worth/ To be accepted on this earth”.
Abgefedert wird die Schwere von bouncendem Grunge-Pop, nur ab und zu durchzogen von schwermütigen My Bloody Valentine-Schlieren. Zumindest musikalisch sollte sich die in Nashville lebende Bognanno nicht zu viel Sorgen über Ablehnung machen: Wieder einmal kombiniert sie sehr gelungen Bratgitarren und Punk-Energie mit catchy Melodien und bietet ein kraftvolles Update von 90er-Alternative-Rock.
Als ausgebildete Toningenieurin, die einst ein Praktikum in Steve Albinis Electrical Audio Studios absolvierte, weiß sie, wie man es auch bei der Produktion krachen lässt. Dabei variiert Bognanno ihre Erfolgsformel genug, um die Spannung zu halten: Im erwähnten “Hard To Love” verbreitet der motorische Drum-Beat tanzbares Madchester-Feeling. In den (Power-)Balladen “A Wonderful Life” und “A Love Profound” verdichten sich die verzerrten Gitarren zu Shoegaze-Flächen, während die sonst oft rotzig klingende Bognanno zwischen der Spoken-Word-Coolness einer Kim Gordon und verträumtem Gesang pendelt. Im hymnisch-groovenden “Lose You” gibt es stimmliche Unterstützung von Sophie Allison (Socer Mommy) und dezente Streicherloops. Ein atmosphärisches Cello unterfüttert das schlagzeugfreie “Ms. America”.
Rausgeworfen wird man allerdings vom wütenden “All This Noise”, in dem sich Bognanno in knapp zwei Minuten den Frust über die Politik ihres Landes von der Seele brüllt. Mezzi hätte vermutlich laut mitgeheult.
Das steckt drin: Nirvana, Veruca Salt, Waxahatchee