Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los. Goethes Zauberlehrling hatte es nicht leicht – sein Schicksal teilt neuerdings das Metalcore-Quintett Caliban, benannt nach einer armseligen Sklavenfigur aus Shakespeares “Der Sturm”. Sie riefen zuletzt Geister auf den Plan, die nun außer Rand und Band sind: Mit ihrem Metalcore-Monstrum “The Opposite From Within” kletterten sie 2004 in Richtung Gipfel. Caliban klangen wie eine feine europäische Ausgabe von Killswitch Engage, Shadows Fall oder As I Lay Dying, je nach Song. Mitverantwortlich für den Quantensprung sind sicher die klaren Gesangsmelodien, die Gitarrist Denis Schmidt den gegrunzten und gekeiften Vocals von Andy Dörner entgegensetzte. Den kleinen Finger haben sie sicher, nun greifen Caliban nach der ganzen Hand. Das fünfte Album soll dort den Durchbruch bringen, wo “ihre” Szene am größten ist und die Größten herkommen – in den USA. Zu diesem Zweck unterwarfen sie das Songwriting offensichtlich einem simplen Motto: Viel Hymnengesang hilft. Der Metalcore von “The Undying Darkness” malmt mit Sinn und Verstand, macht sich die Laut-Leise-Dynamik vorbildlich zunutze, protzt mit bombastischen Mosh-Parts, bösen Breakdowns und wiederholt aufblitzenden Schweden-Soli à la In Flames. Wo also ist das Problem? Man kann die Uhr nach dem Einsatz des cleanen Gesangs stellen. Ausnahmen sind die metallische Thrash-Granate “Moment Of Clarity”, der Kreators Mille Petrozza als Gast einen giftigen Biss verleiht, und das belanglose “No More 2nd Chances”. Ansonsten malt die harmonische Gitarristenstimme zu oft penetrant-poppige Harmonien über die apokalyptische Großwetterlage. Das Übermaß an Schönklang ist zu viel des Guten und kippt ein musikalisch bemerkenswertes Album aus dem Gleichgewicht.
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