Dadaistisch deutschelnde Songtitel, Synthesizer mit Sägezahn, ein Hauch von Indien – alles da, was Krautrock im kollektiven Bewusstsein hinterlassen hat. Meriten haben sich Camera als Krautrock-Guerilla auf Berlins Straßen verdient und da nicht ohne Medienaufmerksamkeit U-Bahnhöfe und öffentliche Toiletten bespielt. Ihre improvisatorischen Stärken verschmelzen Camera auf “Phantom Of Liberty” mit allen Memes einer musikalischen Ära im Aufbruch. Das höhenlastige Mäuseschlagzeug klickert dabei genauso hypnotisch wie die Düsseldorfer Schule um Neu! und Kraftwerk. Schlagzeuger Michael Drummer heißt wirklich so und verpasst dem Opener Affenfaust einen Vorwärtsdrang, der aus Krautrock das Gleiche macht wie Thrash aus Metal und Gabber aus elektronischer Musik. Camera teilen sich auch in langsameren Strecken wie “Tjamahal” eine gemeinsame Motorik mit Techno, auch wenn die Band näher am Line-up einer Rockband lebt als das avantgardistische Ensemble Brandt Brauer Frick. In Fröhlichkeit oszillieren Synthesizer, während knallbunte Tropfen am treibenden Rhythmusfundament herabperlen – weit weg vom “Captain Future”-Soundtrack ist das nicht. In “Reindenken/Raus” geraten Camera Flötentöne und anderes seltsames Geschwurbel vor die Linse, “Festus” kommt mit Tabla und Gitarrenfeedbacks, die sich als Sitar ausgeben. Camera haben alles: verbindliche Strukturen, rhythmisch-melodische Entgrenzung und die Ästhetik von grobkörnigen Kinowerbespots mit Flusen im Bild. Gute Argumente für ein Studium der deutschen Krautrock-Geschichte.
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