Die Einsamkeit, die lallenden Idioten und, ja, auch die Angst. Der werfen die Münchnerinnen einen entschiedenen Haufen aus zackigen Beats, Krachgitarren und schwungvollem Klaviergeklimper zwischen die Stummelbeine, den auch Steve Albini nur sehr vorsichtig angefasst hat. Mit dem Produzieren hat es der Produzent ja sowieso nicht so, aber ob er überhaupt im Raum war, als “Heart Mutter” auf die Welt kam? Das Debütalbum von Candelilla klingt kompromisslos rohdiamanten, dabei lautstark eingängig und sogar charmant. Vielleicht liegt das an der wilden Mischung aus englischen und deutschen Sätzen, die sie in die Luft stellen, als wären sie Ja, Panik oder Dirk von Lowtzow, der die hohe Attitüde von Phantom/Ghost mit der frühen Musik von Tocotronic mischt. If its water I will drink it/ Und wenn es Feuer ist, dann lass mich brennen. Noch mehr Referenzen: Die Gruppenparolen von Chicks On Speed, die modernen Grungewände von Cloud Nothings, die rhythmische Getriebenheit von Electrelane, das trotzige Piano von Soap & Skin. Der Titelsong “32” (Candelilla nummerieren chronologisch) ist ein stoisches Stück Pseudo-Elektronik, “26”, “29” und “34” könnten fast gefälliger (aber spannender) Indierock sein. Der Hit für Anfänger ist aber “23/33”, ein hektischer Riotpunk-Song mit Durcheinandergeschrei und tiefem Klavierbreak. Für ruhige Momente ist “Heart Mutter” nichts, aber für zu ruhige, in denen man sich gruseln müsste, wäre da nicht dieses sperrige, melodische, aufregende Debütalbum, das von jeder Beklemmung ablenkt.