Casper
Nur Liebe, immer
Casper setzt nach langer Zeit mal wieder auf Rap-Beats mit Emo-Texten. Das Ergebnis ist erfrischend gut.
Das nichtssagende In- und Outro des Albums sowie das irrelevante “Sommer” mal ausgeblendet, gibt es auf “Nur Liebe, immer” nämlich vor allem eines: guten Rap. Indierock- oder Post-Rock-Elemente, wie sie auf den vorherigen Veröffentlichungen von Casper zu finden waren, mag der eine vielleicht schmerzlich vermissen, für andere dürfte es die lang ersehnte Veränderung sein. Vor allem thematisch macht Benjamin Griffey erneut einen gewaltigen Satz nach vorne. Schon im Opener “Echt von unten/ Zoé Freestyle” thematisiert er schmerzhaft ehrlich seine Kindheit mit einem gewalttätigen Vater in einem Trailerpark in den USA.
Ebenfalls überraschend: Während Griffey auf seinem zweiten Album “Hinterland” im Song “Jambalaya” noch positiv über die Folgen seines Erfolges berichtete, weht in den Songs “Wimpernschlag” und “Luft holen” ein anderer Wind, wie Zeilen wie “Erst waren wir Freunde/ Dann wurd’ ich Chef/ Es ging um Träume/ Dann um Geld” beweisen. Insgesamt mag “Nur Liebe, immer” im ersten Moment willkürlicher wirken, als alles, was Griffey bislang veröffentlicht hat, ein Blick hinter die Fassade lohnt sich aber allemal. Wer es wagt, wird mit Caspers bislang ehrlichstem Album belohnt. Nicola Drilling
“Denn seit ‘ner Zeit fehlt der Vibe komplett” – Casper bringt das Grundproblem dieser Platte auf den Punkt.
Was wohl Caspers alte Kumpels von Selfmade Records zum Feature von Cro in “Sommer” sagen? Aber gut, dass Haus am See, in dem Casper inzwischen wohnt, muss abbezahlt werden. Der Song ist nicht die einzige Untiefe von “Nur Liebe, immer”. Aber vielleicht ist der Autotune-Einsatz in “Sowas von da (Hellwach)”, wo Casper mit seinen inneren Dämonen ringt, ironisch gemeint. Das wäre jedenfalls ein überraschender Kniff, der diesem Album sonst an allen Ecken und Enden fehlt.
Statt weiter an dem Crossover-Sound zu arbeiten, der Casper erst zum große Hallen füllenden Künstler gemacht hat, liefert er ein wahnsinnig konventionelles Rap-Album ab, das vor allem auf die streamende Generation abzielt. Die dürfte die weniger als 30 Minuten Musik, die einem “Nur Liebe, immer” als Album verkauft, gerade bewältigen können. Das ist besonders deshalb schade, weil Casper textlich keinen Deut nachgelassen hat, es seinen Texten aber an Dringlichkeit fehlt, weil sie nur von billigen Beats (siehe “Falsche Zeit, falscher Ort”, “Bist du noch da?”) und einigen Synthie-Flächen unterstrichen werden. Wenn man sich schon auf die eigene Wurzeln besinnt, dann bitte mit Knalleffekt. Aber immerhin hat Bielefeld jetzt eine Hymne mehr. Jonas Grabosch
weitere Platten
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