Der Zug rollt weiter. Irgendwo am Horizont verschwinden Split Lip, die Chamberlain-Vorgängerband, die sich in Mittneunziger-Post-Punk-Emo-Kreisen einiges Ansehen erspielte, und man kann nicht mehr erkennen, ob sie noch winken oder schon zurück zum Auto gegangen sind. Von den Indie-Wurzeln, die der Vorgänger “The Moon My Saddle” noch gekonnt ins Spiel brachte, ist auf “Exit 263” jedenfalls nicht mehr zu spüren – Chamberlain haben definitiv den ein oder anderen Tag zu viel im John Cougar-Mellencamp verbracht. Auf diesem Album kommen drei Klangausrichtungen zum Zug: ruhig, sehr ruhig, und so ruhig, dass es kaum noch wahrnehmbar ist. So schreckt man beim bluesrockigen Gitarrenakrobatentum am Ende von “Strange Days” ob seiner Aufdringlichkeit beinahe schon hoch – wenn auch nicht vor Freude. In den gelungenen, aber leider zu seltenen Momenten erreichen Chamberlain eine formale Präzision, mit wenig Mitteln viel zu erreichen, die entfernt an das letzte Promise Ring-Album erinnert, ansonsten dominiert zurückgelehnt-balladesker Schunkelrock, mal leicht countryfiziert dargeboten, mal mit Folk-Flair versehen, der nicht groß stört, aber auch sehr selten aufhorchen lässt. Schon erstaunlich, wie alt(backen) Menschen um die dreißig klingen können, und selbst wenn man seine Platte abgeschieden vom Rest der Welt in einer Holzhütte aufnimmt – dass es Springsteen schon gibt (und zwar schon viel zu lange), dürfte sich doch eigentlich auch schon bis in die Wälder von Indiana herumgesprochen haben.